Gericht kritisiert MindestgrößenKleine Frau klagt sich in die Polizei

Nordrhein-Westfalen lehnt eine junge Frau als Polizeibewerberin ab, weil sie nur 1,61 Meter groß ist. Zu Unrecht, meint ein Gericht. Allerdings stoßen sich die Richter nicht an der Mindestgröße per se, sondern an der Diskriminierung von Männern.
"... und ich bin 1,5 Zentimeter zu klein." Fast trotzig klingt Johanna Fee Dillmann auf dem dunklen Flur des ehrwürdigen Verwaltungsgerichts in Düsseldorf. Die junge Frau aus Krefeld möchte so gerne Polizistin werden. Aber es fehlen 15 Millimeter bis zur Mindestgröße - die Bewerberin wurde vom Auswahlverfahren für den Polizeidienst ausgeschlossen. Das will die 22-Jährige mit den langen, braunen Haaren nicht hinnehmen. Sie hat - wie vier weitere abgelehnte Bewerberinnen - mit Erfolg gegen das Land Nordrhein-Westfalen geklagt. Der Erlass des Landes über die Mindestgrößen für Polizeibewerber sei unwirksam, entschied die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts mit einer ungewöhnlichen Begründung: Durch die unterschiedlichen Größenvorgaben im Bewerbungsverfahren seien die Männer benachteiligt.
Denn im Erlass stehen zwar als Mindestgröße für männliche Bewerber 1,68 Meter und für Frauen 1,63 Meter. Die zusätzlichen fünf Zentimeter müssen Männer aber nur aufbieten, damit weibliche Bewerber im Zuge der Gleichberechtigung eine größere Chance haben, für den Polizeidienst zugelassen zu werden, sagten die Richter. Im Grundsatz sehe das Land sowohl für Männer als auch für Frauen nämlich 163 Zentimeter Körperlänge als ausreichend an.
"Sie schließen die besseren Männer aus", sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller zu den Vertretern des Landes und wies auf geeignete Bewerber etwa mit 1,67 Meter Größe hin. Die Praxis lasse unter Umständen auch fachlich weniger geeignete Frauen zum Polizeidienst zu, bemängelte der Richter. "Frauenförderung steht nicht über allem."
"Mit 1,80 sieht man das sofort"
Über mangelndes Interesse kann sich die Polizei in NRW nicht beklagen. Eine Rekordzahl von 9500 Bewerbungen gab es in diesem Jahr, berichtet der Sprecher des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten. Zum 1. September werden 2300 angehende Polizisten eingestellt. Gefordert werden unter anderem Abitur, Englischkenntnisse und ein Sportabzeichen.
Bei der Polizei werden je nach Bundesland unterschiedliche Anforderungen an die Körpergröße gestellt: Die Polizei Baden-Württemberg verlangt etwa eine Mindestgröße von 1,60 Meter, in Bayern liegt die Latte bei 1,65 Meter, in Berlin bei 1,60 Meter für Frauen und 1,65 Meter für Männer. Um die Notwendigkeit einer Mindestkörpergröße zu beweisen, hat die nordrhein-westfälische Polizei sogar mit der Sporthochschule Köln Tests gemacht, etwa bei einer Autokontrolle: "Wenn aus einem Handschuhfach eine Knarre rausgeholt wird - mit 1,80 (Meter) sieht man das sofort", waren die Richter überzeugt. Dass eine Mindestgröße für den Polizisten nötig sei, daran zweifelte das Gericht nicht. Für die G20-Demonstrationen in Hamburg oder die Rettung von Menschen aus Unfallautos brauche es schon eine gewisse Statur. Das gelte auch für die Polizeiausrüstung: "22 Kilo sind bei einer kleinen Größe schon eine Belastung", meint Verwaltungsrichter Müller.
Auch in anderen Berufen verlangen Arbeitgeber bestimmte körperliche Voraussetzungen. Bei Lufthansa und Germanwings sollen Piloten zwischen 1,65 und 1,98 Meter groß sein sowie ein gutes Sehvermögen haben. Für Flugbegleiter gibt es eine Mindestgröße, die von Gesellschaft zu Gesellschaft variiert.
Johanna Fee Dillmann fühlt sich durch das Urteil bestätigt, auch wenn es am Ende eher ein formaler Grund ist, der sie bei der Polizei wieder ins Spiel bringt. "Ich möchte in eine Dienststelle mit einer Hundertschaft." Das steht für die 161,5 Zentimeter große, junge Frau fest. Das Land prüft das Urteil jetzt gründlich. Wie hoch die Mindestgröße schließlich ausfallen wird, ist offen.