"Schadet dem ganzen Berufsstand" Krankgeschriebener Lehrer tritt in TV-Shows auf
27.10.2025, 11:30 Uhr Artikel anhören
Im Fernsehen statt in der Schule war ein Lehrer aus Nordrhein-Westfalen zu sehen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach einer 16 Jahre lang krankgeschriebenen Lehrerin, die nie zum Amtsarzt musste, empört ein weiterer Fall in Nordrhein-Westfalen. Ein Mann muss sich einem Disziplinarverfahren stellen, weil er vom Unterrichten befreit war, aber in Kochsendungen kandidierte.
Wieder sorgt ein lange krankgeschriebener Lehrer für Aufregung in Nordrhein-Westfalen: Der Mann soll während einer rund einjährigen Auszeit in zwei Kochshows im Fernsehen aufgetreten sein. Die zuständige Bezirksregierung Köln bestätigte, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen den Mann eingeleitet habe.
Die Aufsichtsbehörde wollte keine weiteren Angaben machen, "da es sich bei Disziplinarangelegenheiten um streng vertrauliche Personalmaßnahmen handelt". Der Mann war in zwei Kochshows als Kandidat angetreten. Die Bezirksregierung hatte den Lehrer zunächst um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. So wollte man unter anderem klären, ob die Shows während der Krankschreibung ausgestrahlt oder tatsächlich aufgezeichnet worden waren.
Der Lehrer antwortete laut Bezirksregierung fristgerecht, das Schreiben sei danach geprüft worden. Im Anschluss wurde das Disziplinarverfahren eingeleitet. Voraussetzung dafür sind laut Gesetz "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte". Das Verfahren kann aber auch eingestellt werden, wenn sich der Verdacht nicht erhärtet.
FDP fordert schärfere Kontrollen
Der Fall erinnert an eine Lehrerin aus dem Ruhrgebiet, die seit 16 Jahren krankgeschrieben ist - und nie zum Amtsarzt musste. Als sich das Anfang des Jahres durch einen Wechsel in der Sachbearbeitung änderte, klagte die Frau - wodurch der Fall überhaupt publik wurde.
Zu dem krankgeschriebenen Lehrer aus den TV-Shows sagte FDP-Vize-Fraktionschefin Franziska Müller-Rech: "Offenbar gilt in Nordrhein-Westfalen: Dreistigkeit siegt. So ein Verhalten ist nicht nur massiv unkollegial, es schadet dem ganzen Berufsstand und dem Vertrauen in staatliches Handeln." Rech forderte: "Wir brauchen endlich ein wirksames System, um dauerhaft krankgeschriebene Lehrkräfte systematisch auf ihre Dienstfähigkeit zu überprüfen." Am Mittwoch wird der Fall den Schulausschuss des Landtags beschäftigen. Die Oppositionsfraktionen von SPD und FDP haben unabhängig voneinander eine sogenannte Aktuelle Viertelstunde dazu beantragt.
Hunderte Beamte länger krankgeschrieben
Zu Rechs Forderung gibt es Zahlen aus einem aktuellen "Lagebild zu Langzeiterkrankungen bei Landesbeamten". Daraus geht hervor, dass im Geschäftsbereich des Schulministeriums 745 Beamte seit mehr als sechs Monaten, 582 Beamte mehr als ein Jahr, 47 Beamte länger als drei Jahre und 14 seit mehr als fünf Jahren krankgeschrieben sind. Von diesen 1388 Personen mussten laut Land bisher 772 zum Amtsarzt - also etwa 55 Prozent.
Ein Sprecher des Schulministeriums sagte, die Landesregierung werde "die jüngsten Debatten zum Anlass nehmen, zu prüfen, inwieweit die Abläufe und Verfahrensweisen im Umgang mit langzeiterkrankten Beamtinnen und Beamten im Interesse aller Beteiligten optimiert werden können".
Quelle: ntv.de, chl/dpa