Polizei setzt Tränengas ein Krawalle setzen Massenprotesten in Griechenland jähes Ende
28.02.2025, 15:44 Uhr Artikel anhören
Neben dem griechischen Parlamentsgebäude soll der sogenannte Schwarze Block randaliert haben.
(Foto: REUTERS)
Das größte Zugunglück vor zwei Jahren ist noch immer nicht aufgeklärt und sorgt für den größten Protest in der Geschichte Griechenlands. Als sich die Demonstration in Athen dem Ende nähert, fliegen erste Brandsätze.
In Athen ist es bei einer Demonstration anlässlich des zweiten Jahrestags eines schweren Zugunglücks zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei setzte Tränengas gegen vermummte Demonstranten ein, die Brandsätze warfen. Es gab 20 Festnahmen, 70 Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Fünf Menschen seien verletzt worden, berichtete die Zeitung "To Proto Thema". Ob es sich dabei um Polizisten, Demonstranten oder Randalierer handelte, ist noch unklar. Auch in Thessaloniki kam es zu Ausschreitungen.
Hunderttausende hatten sich im ganzen Land versammelt, um an das schwerste Zugunglück in der Geschichte Griechenlands zu erinnern und gegen die immer noch nicht behobenen Sicherheitslücken zu protestieren. Das Land trat zudem in einen Generalstreik. Flughäfen sowie Schiffs- und Schienenverkehr wurden lahmgelegt. Auch Ärzte, Anwälte und Lehrer schlossen sich dem Ausstand an. Die Rede ist vom größten Protest in der Geschichte des Landes - selbst zu Zeiten der schweren Finanzkrise gab es nicht so große Demonstrationen.
Am 28. Februar 2023 war ein Passagierzug, in dem viele Studierende unterwegs waren, mit einem Güterzug in der Nähe der Tempi-Schlucht im Zentrum des Landes zusammengestoßen. 57 Menschen kamen ums Leben. Die juristische Untersuchung des Unglücks ist noch nicht abgeschlossen. Bislang wurde niemand in Zusammenhang mit dem Unfall verurteilt. Am Donnerstag kam eine Untersuchung zu dem Schluss, dass die Sicherheitslücken, die zu dem Unglück führten, nach wie vor bestehen. Das trug zum Unmut in der Bevölkerung bei.
Viele friedliche Demonstranten flohen nach dem Ausbruch der Krawalle und dem Einsatz von Tränengas durch die Polizei dem Nachrichtensender ERTnews zufolge in Angst vom Demonstrationsort. Bei den Randalierern in Athen soll es sich laut Polizei um 500 bis 700 Autonome handeln. Der sogenannte Schwarze Block ist bekannt dafür, Demonstrationen jeder Art zu kapern, um im Anschluss mit der Polizei aneinanderzugeraten.
Regierung weist Vorwürfe zurück
Zuvor waren die Demonstranten in Athen zum Syntagma-Platz vor dem Parlament gezogen. "Mörder", riefen sie an die Regierung gerichtet. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis wurde nach dem Unglück 2023 zwar wiedergewählt. Doch die Familien der Opfer kritisierten ihn wiederholt für das Versäumnis, die Rolle der Politik zu untersuchen. Die Regierung weist Vorwürfe zurück, Fehler begangen zu haben. Es sei Aufgabe der Judikative, das Unglück aufzuarbeiten.

Vor dem griechischen Parlamentsgebäude versammelten sich Tausende Demonstranten.
(Foto: via REUTERS)
In einem Post auf Facebook schrieb Mitsotakis, die Regierung werde ihren Beitrag leisten, um das Eisenbahnnetz zu modernisieren und es sicherer zu machen. Oppositionsparteien warfen der Regierung vor, Beweise zu vertuschen, und forderten sie zum Rücktritt auf. Nächste Woche soll das Parlament darüber debattieren, ob ein Ausschuss die mögliche politische Verantwortung für die Katastrophe untersuchen soll.
"Die Regierung hat nichts für die Gerechtigkeit getan", sagte Christos Main, ein 57 Jahre alter Musiker, der an der Demonstration in Athen teilnahm. "Das war kein Unfall, das war Mord." Eine Demonstrantin erklärte, sie wolle nicht nur der Toten gedenken, sondern auch dagegen protestieren, dass die Regierung die wahren Hintergründe verschleiere. Vor dem Parlamentsgebäude wurden die Namen der Toten in roter Farbe auf den Boden gesprüht. "Jeden Tag erscheint uns das Monster der korrupten Macht", sagte Maria Karystianou, deren Tochter bei dem Zugunglück starb und die einen Verein der Opferfamilien leitet, vor der Menge in Athen.
Im Land kam es zu weiteren Aktionen. Viele Schüler trugen Schwarz, andere hielten schwarze Ballons hoch. Viele Geschäfte blieben am Freitag geschlossen, Theater sagten Aufführungen ab. "Schreib mir, wenn Du da bist", skandierten Studierende. In vielen Fällen war diese die letzte Nachricht von Verwandten an die Opfer.
Quelle: ntv.de, ara/rts/dpa