Panorama

Corona-Brennpunkt VogtlandKretschmer warnt vor "dunklen Monaten"

04.01.2021, 17:25 Uhr
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Im Vogtland sind auch Corona-Leugner für die hohen Infektionszahlen verantwortlich. (Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Die Infektionszahlen im sächsischen Vogtland nehmen ungeahnte Ausmaße an. Zeitweise liegt die 7-Tage-Inzidenz dort bei mehr als 800. So bleibt Sachsen negativer Spitzenreiter in Deutschland. Dem Regierungschef schwant auch für die nahe Zukunft nichts Gutes.

Das Vogtland war schon zu Beginn der Corona-Pandemie negativer Spitzenreiter in Deutschland. Im Frühjahr riss der Thüringer Landkreis Greiz als einer der ersten viele kritische Obergrenzen, nun steht der Vogtlandkreis auf sächsischer Seite an der Spitze der Negativliste deutscher Landkreise und kreisfreier Städte: Die 7-Tage-Inzidenz lag dort in den vergangenen Tagen trotz Lockdown zeitweise über der 800er-Marke. Dabei wies die Region im Südwesten des Brennpunktes Sachsen lange sogar vergleichsweise moderate Infektionszahlen auf.

Anders als im Frühjahr spielen größere Familienfeiern für die rasche Ausbreitung des Virus im Vogtland keine wesentliche Rolle. Vielmehr erklären sich die schwindelerregenden Werte mit Versäumnissen im Plauener Gesundheitsamt. Laut Landrat Rolf Keil hat sich in der Behörde ein enormer Rückstau bei der Bearbeitung der Infektionsfälle gebildet. Abzüglich der Rückstände liege das Infektionsgeschehen nicht höher als in den Nachbarkreisen, beteuert er.

Das Virus breitet sich demnach vor allem in Pflegeheimen aus. Aber auch Bürger, die sich nicht an die Corona-Vorschriften hielten, hätten Anteil an der aktuellen Situation, sagt Landrat Keil. Erst am Wochenende besprühten Unbekannte mit Farbe "Gift" auf das neue Impfzentrum des Landkreises und auf die Wegweiser dorthin.

Rückstau im Gesundheitsamt

Zumindest der Rückstau im Gesundheitsamt wird seit Mitte Dezember mit zusätzlichem Personal abgearbeitet - und treibt seither die Statistik nach oben. Viele der jüngst ans Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldeten Neuinfektionen lägen deswegen schon einige Zeit zurück und spiegelten nicht das aktuelle Infektionsgeschehen wider, hieß es aus dem Landratsamt.

Tatsächlich zeigt die Kurve für den Landkreis nach unten. Wurden dem RKI am 29. Dezember noch mehr als 400 Corona-Fälle gemeldet, waren es in den vergangenen Tagen jeweils weit unter 100. Bis Montag ging die 7-Tage-Inzidenz im Vogtlandkreis laut RKI auf knapp 632 zurück. Damit rangierte die Region aber immer noch vor dem Landkreis Meißen (530) und dem Altenburger Land in Thüringen (knapp 468) an der bundesweiten Spitze.

Für Deutschland insgesamt lag der Wert im Schnitt bei etwa 139 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen, in Sachsen mit der höchsten Inzidenz aller Bundesländer bei 323. Doch bleibt eine Interpretation der Daten schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden.

Schulen bis Ende Januar geschlossen

Angesichts solch hoher Zahlen nicht nur im Vogtland rücken Lockerungen der Corona-Beschränkungen offensichtlich in weite Ferne. So sprach sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer für eine Verlängerung des Lockdowns über den 10. Januar hinaus aus und wollte sich nicht auf einen Zeitpunkt für eine Öffnung von Schulen und Kindergärten festlegen.

Kretschmer bezog sich auf Erfahrungen mit dem "Lockdown-Light" aus dem November. Damals blieben Schulen und Geschäfte offen, das Infektionsgeschehen beruhigte sich kaum. "Wenn wir nicht in diesen Jo-Jo-Effekt verfallen wollen - lockern, schließen, wieder öffnen und dann wieder harte Maßnahmen -, sollten wir jetzt etwas Nerven behalten." Man habe als Instrument nur die Kontaktvermeidung. Es sei ratsam, noch eine gewisse Zeit in Ruhe zu verharren, unterstrich der Regierungschef. "Wir werden in Sachsen die Schulen nicht gleich öffnen, sondern erst einmal bis Ende Januar geschlossen halten."

Dem Ministerpräsidenten schwant Übles. "Vor uns liegen jetzt dunkle Monate", sagt Kretschmer. "Das ist der Unterschied zum vergangenen Jahr - da kam nach der ersten Welle direkt der Sommer und hat viele Probleme beseitigt. Darauf können wir jetzt nicht hoffen."

Am Dienstag wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder über die seit Mitte Dezember geltenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens entscheiden. Die Mehrheit der Ministerpräsidenten ist für eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen bis Ende Januar.

Quelle: ntv.de, Andreas Hummel und Jörg Schurig, dpa

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