Panorama

Branchenübliche Konditionen? ARD-Chefin nahm 70 Prozent Rabatt von Audi mit

Patricia Schlesinger ist seit dem 1. Juli 2016 Intendantin beim RBB.

Patricia Schlesinger ist seit dem 1. Juli 2016 Intendantin beim RBB.

(Foto: dpa)

Die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger steht in der Kritik. Medienberichten zufolge soll sie es mit den Compliance-Regeln des Senders nicht allzu genau genommen haben. Es geht um fragwürdige Beraterverträge und die Nutzung ihres Dienstwagens.

Die ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger gerät immer stärker in die Kritik. Einem Bericht des "Business Insider" zufolge soll die 61-Jährige in ihrer Funktion als Intendantin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) mehrere fragwürdige Privilegien in Anspruch genommen haben. So berichtet das Magazin, sie habe unter anderem einen luxuriösen Dienstwagen mit Massagesitzen gemietet und für private Fahrten genutzt.

Schlesinger machte zuvor bereits Schlagzeilen, weil ihr aus Rundfunkgebühren finanziertes Gehalt um 16 Prozent auf 303.000 Euro erhöht worden war. Kritik lösten auch dienstliche Abendessen aus, die Schlesinger in ihrer Funktion als RBB-Intendantin in ihrer Berliner Privatwohnung veranstaltete. Die RBB-Chefin war außerdem einer Einladung in den Brandenburger Landtag, der wegen der Vorwürfe eine Sondersitzung anberaumt hatte, mit Verweis auf die laufende Untersuchung nicht gefolgt - was parteiübergreifend Empörung auslöste. Neben ihrer Tätigkeit als Intendantin ist die frühere "Panorama"-Moderatorin seit Jahresbeginn Vorsitzende der ARD.

Der Dienstwagen - ein Audi A8 mit Sonderausstattung - soll für Schlesinger nur dank eines "Regierungspreises" vom Hersteller möglich gewesen sein. Das Modell der RBB-Chefin kostet laut Preisliste rund 145.000 Euro. Der Hersteller räumte der Intendantin aber einen Rabatt von 70 Prozent ein. Audi und auch andere Autohersteller gewähren regelmäßig solche Behördenkonditionen zu Marketingzwecken. Die Frage ist nun, ob Schlesinger damit zu weit ging und ob sie nicht damit als Markenbotschafterin für Audi auftritt. Was Angestellte des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks nach den eigenen Verhaltensregeln untersagt ist.

Auf dieses mögliche Compliance-Risiko wies selbst der Hersteller hin. "Um Interessenkonflikte für Sie und unser Haus zu vermeiden, müssen wir das Angebot davon abhängig machen, dass Ihr Dienstvorgesetzter oder die hierfür zuständige Stelle in Ihrem Haus das Angebot genehmigt", heißt es in einer Mail des Händlers, die dem "Business Insider" vorliegt. Der RBB genehmigte, das Auto zu mieten, und spricht von einem branchenüblichen Firmenrabatt.

Freunde durch die Republik kutschiert?

Mit einer Arbeitszeit von rund 80 Wochenstunden rechtfertigt der RBB auch die beiden Chauffeure Schlesingers. Bei der Limousine handele es sich schließlich um ein fahrendes Büro. Das Magazin berichtet allerdings auch von einer Sondervereinbarung zwischen Intendantin und Sender. Schlesinger dürfe die Dienstwagen auch zu privaten Zwecken nutzen. Ein Sonderstatus, den Intendanten bei anderen ARD-Medienanstalten wie SWR oder WDR demnach nicht genießen.

Die Nutzung der Dienstwagen soll dabei durchaus freizügig gestaltet worden sein. Zu den Aufgaben der Fahrer sollen auch Besorgungen für den täglichen Bedarf gezählt haben. Auch Freunde und Familienangehörige seien "durch die Republik kutschiert" worden, berichtet das Magazin. Auf Nachfrage habe der RBB lediglich geantwortet, dass die private Nutzung des Wagens durch die Intendantin privat bleibe.

Untersuchung zu Beraterverträgen läuft

Die RBB-Intendantin steht zudem bereits wegen Berichten über Beraterverträge in der Kritik. Der Sender hatte sich gegen die Vorwürfe gewehrt und eine unabhängige Untersuchung eingeleitet. Der "Business Insider" hatte die Kritik am RBB ins Rollen gebracht. Im Kern wurde die Frage in den Raum gestellt, ob im beruflichen Verhältnis zwischen Intendantin Schlesinger und der RBB-Verwaltungsratsspitze Grenzen überschritten worden sein könnten und ein zu laxer Umgang mit möglichen Interessenskonflikten vorherrsche.

Neben dem öffentlich-rechtlichen Sender ist auch die Messe Berlin Teil der Berichterstattung. Der Unternehmer Wolf-Dieter Wolf ist sowohl RBB-Verwaltungsratsvorsitzender als auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Messe Berlin. Wolf hatte vor wenigen Tagen erst seine Funktion bei der Messe Berlin aufgegeben, auch sein Amt im Kontrollgremium des Senders ruht bis zum Abschluss der Aufklärung.

Die Untersuchung umfasst nach Senderangaben beispielsweise die Vergabe von Aufträgen an Berater zum geplanten Bauprojekt für das Digitale Medienhaus in Berlin, die Abrechnung von dienstlichen Abendessen-Einladungen durch die Intendantin und Auftragsverhältnisse zur Messe Berlin, soweit diese den RBB betreffen. Das Medienhaus auf dem Sendegelände am Standort Berlin-Charlottenburg soll bis 2026 entstehen und crossmediales Arbeiten der Redaktion fördern. Der Sender lässt Neubauplanungen mittlerweile jedoch vorläufig ruhen.

Zu den kritisierten dienstlichen Abendessen sagte Schlesinger, sie habe sie in ihrer Funktion als RBB-Intendantin in ihrer Berliner Privatwohnung veranstaltet. Angeblich soll die Abrechnung fehlerhaft gewesen sein. Dem "Tagesspiegel" sagte Schlesinger zu den Abendessen: "Die neun Treffen hatten das Ziel, den RBB besser in der Stadt zu verankern, es ging also wirklich und ausschließlich um die Interessen des Senders." Zunächst sei nach Restaurants oder Hotels gesucht worden. "Das war uns zu teuer. Und weil es ohnehin überschaubare Runden sein sollten, habe ich unseren Esstisch und meine persönlichen Räumlichkeiten angeboten." Die Gäste, es seien maximal elf gewesen, seien Multiplikatoren der Stadt und des Landes gewesen.

(Dieser Artikel wurde am Freitag, 29. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, mba/dpa

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