Menschen werden evakuiert Lava auf La Palma bedroht Hunderte Häuser
12.10.2021, 17:37 UhrNur kurz können die Menschen auf der Kanareninsel La Palma aufatmen, als am Mittag eine Ausgangsbeschränkung aufgehoben wird. In derselben Region droht die Lavawalze Hunderte Häuser unter sich zu begraben. Die Menschen müssen überstürzt ihre Häuser verlassen. Es ist unklar, ob sie jemals zurückkehren.
Die Lage auf der Vulkaninsel La Palma hat sich wieder zugespitzt. Zwischen 700 und 800 Menschen wurden aufgefordert, wegen näher rückender Lava ihre Häuser mit Haustieren und ihren Habseligkeiten zu verlassen und sich auf einem Sammelplatz einzufinden, berichtete der staatliche TV-Sender RTVE unter Berufung auf das Notfall-Komitee Pevolca. Dafür hätten sie bis zum Abend Zeit. Soweit es die Entwicklung zulasse, dürften Betroffene eventuell auch in den folgenden Tagen begleitet von Sicherheitspersonal zurückkehren, um weiteres Hab und Gut zu retten, schrieb Pevolca auf Twitter.
Seit dem Ausbruch des Vulkans in der Cumbre Vieja vor gut drei Wochen mussten schon rund 6000 Menschen ihre Häuser verlassen. Sie kamen bei Angehörigen in anderen Teilen der Insel oder in Hotels unter. Viele von ihnen werden nie zurückkehren können. Ihre Häuser wurden von der bis zu 1200 Grad heißen Lava verbrannt und begraben. Auch ein Wiederaufbau an Ort und Stelle ist auf Jahrzehnte unmöglich.
Nur Stunden vor der Anordnung der Evakuierung war eine Ausgangsbeschränkung in derselben Region, die in der Nähe des Gewerbegebiets Callejón de la Gata liegt, aufgehoben worden. Diese war am Vortag vorsorglich wegen eventuell giftiger Dämpfe verhängt worden, weil die bis zu 1200 Grad heiße Lava mehrere Betriebe, darunter auch ein Zementwerk, in Brand gesetzt hatte. Am Dienstag seien jedoch keine Giftstoffe in der Luft gemessen worden, teilte Pevolca mit.
Mehrere von Lava eingeschlossene Haustiere werden seit Tagen aus der Luft versorgt. Zwei Unternehmen brächten den Tieren mithilfe einer Drohne täglich Nahrung und Wasser, teilte die Inselverwaltung mit. Dafür gebühre dem Elektronikunternehmen Ticom Soluciones und dem Tourunternehmer Volcanic Life der Dank der Inselregierung, betonte die Beauftragte für Sicherheit und Notfälle, Nieves Rosa Arroyo. Die Tiere, darunter eine weiße Katze, seien vor fünf Tagen von einer Drohne mit Kamera unter anderem in einem leeren Wasserbassin entdeckt worden. Auf dem Landweg seien sie wegen der extrem heißen Lava um sie herum nicht zu erreichen.
Bis zu 1000 Gebäude bisher zerstört
Der Vulkan in der Cumbre Vieja, der keinen offiziellen Namen hat, war am 19. September erstmals seit 50 Jahren wieder ausgebrochen. In den vergangenen Tagen hatte der Ausbruch an Intensität noch zugelegt. Die Lava wurde heißer und damit dünnflüssiger und schneller auf ihrem Weg bergab in Richtung Meer. Immer wieder kam es zu starken Explosionen, Magma wurde in die Luft geschleudert, Rauch stieg bis in eine Höhe von mehreren Kilometern auf. Bisher wurden bis zu 1000 Gebäude zerstört und große Schäden in der Landwirtschaft, vor allem Bananenplantagen, und der Infrastruktur angerichtet.
Der Hauptstrom der bis zu 1200 Grad heißen Lava ergießt sich schon seit knapp zwei Wochen in den Atlantik und lässt dort eine neue Landzunge entstehen. Inzwischen bildeten sich zwei Nebenströme, der nördliche wälzte sich mit zerstörerischer Wirkung durch das Gewerbegebiet und bedroht jetzt ein Wohngebiet, der südliche befand sich nur noch 300 Meter von der Küste entfernt. Auch erschütterten viele kleine bis mittlere Erdbeben weiter die Kanareninsel vor der Westküste Afrikas. Seit Montagmorgen waren es etwa 120 mit Stärken bis zu 4,1, wie der staatliche TV-Sender RTVE berichtete.
Der Flughafen der Insel war nach Angaben des Betreibers Aena betriebsbereit. Im Internet wurden Flüge der Fluggesellschaften Binter und Canaryfly zur bekannteren und größeren Nachbarinsel Teneriffa angekündigt. Zwei Flüge anderer Gesellschaften von Hamburg und von Berlin aus wurden jedoch ebenso als gestrichen angezeigt wie eine Verbindung in die spanische Hauptstadt Madrid. Der Flugverkehr zu den anderen großen Touristeninseln der Kanaren, Teneriffa, Fuerteventura, Gran Canaria oder Lanzarote, lief hingegen normal.
Quelle: ntv.de, jhe/dpa