Nach Spritze mit Kochsalzlösung Mehr als 50 Menschen erhalten dritte Impfung
05.05.2021, 16:27 Uhr
Die 40-jährige Krankenschwester wollte ihr Missgeschick anscheinend vertuschen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nachdem ihr eine Ampulle Biontech-Wirkstoff heruntergefallen ist, füllt eine Krankenschwester im Landkreis Friesland sie mit Kochsalzlösung auf. Sechs Personen erhalten daraufhin eine "falsche" Impfung. Die Betroffenen ausfindig zu machen, ist schwierig. Nun erhalten Dutzende Menschen eine dritte Dosis.
Nach Impfungen mit Kochsalzlösung im Landkreis Friesland sollen mögliche Betroffene an diesem Mittwoch auf Antikörper getestet werden. Mit den Tests solle überprüft werden, ob die Personen bereits eine erste Impfung gegen Covid-19 bekommen haben, sagte eine Landkreissprecherin. Dazu hat der Landkreis 117 Personen zu einer Blutabnahme eingeladen. Ergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet. Für 80 weitere potenziell Betroffene ist die Lage ein wenig komplizierter.
Die Überprüfung der Impfung ist notwendig, da eine Mitarbeiterin des Impfzentrums eingeräumt hatte, sechs Spritzen statt mit Biontech-Impfstoff nur mit Kochsalzlösungen gefüllt zu haben. Nach Behördenangaben war ihr beim Anmischen des Vakzins ein Fläschchen mit Biontech heruntergefallen, was sie vertuschen wollte. Die Kochsalzlösung dient zum Verdünnen des eigentlichen Impfstoffes und ist als Substanz unschädlich.
Wie der Landkreis mitteilt, waren 80 Menschen am 21. April nicht für die Erst-, sondern bereits für die Zweitimpfung erschienen. Für die "kann ein Antikörpertest nicht eindeutig feststellen, ob Antikörper von einer 1. oder 2. Impfung vorliegen. Ein Antikörpertest erfolgt für diese Personen somit nicht." Zunächst würden die Betroffenen nach einer Impfreaktion befragt, zu der es häufig nach der zweiten Spritze mit dem Biontech-Wirkstoff kommt.
Krankenschwester gekündigt
"Wenn es keine starke Impfreaktion gab, so wird diesen Personen eine zusätzliche Impfung angeboten", teilt der Landkreis weiter mit. Nach Rücksprache mit Landesgesundheitsamt und der Ständigen Impfkommission sei solch eine dritte Impfung unbedenklich und somit möglich. Laut Landkreis werden 62 Personen eine weitere Impfung wahrnehmen, sechs wegen aufgetretener Symptome nach der zweiten Impfung nicht, zwölf Personen konnten bisher noch nicht erreicht werden.
Die Krankenschwester hatte einer Kollegin im Vertrauen von dem Vorfall erzählt. Sie war in der Frühschicht für das Vorbereiten der Spritzen zuständig, impfte aber nicht selbst. Die Kollegin informierte sofort ihre Vorgesetzten. Die Beschuldigte habe vollständig ausgesagt, sagte ein Polizeisprecher. "Sie wirkte sehr authentisch und sehr betroffen."
Nach dem Fall hatte die Polizei Ermittlungen eingeleitet. Es gehe weiterhin um ein mögliches Körperverletzungsdelikt, sagte eine Polizeisprecherin in Wilhelmshaven zuletzt. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg prüfe auch die strafrechtliche Relevanz des Falles.
Frieslands Landrat Sven Ambrosy hatte nach dem Vorkommnis gesagt, der Fall sei für ihn zutiefst schockierend. Nach dem Bekanntwerden sei sofort das Vier-Augen-Prinzip eingeführt worden. "Niemand wird mehr mit einem Impfstoff allein gelassen, dass solche Vertuschungen nicht mehr möglich sind." Die Beschuldigte ist examiniere Krankenschwester im Alter von etwa 40 Jahren. Nach DRK-Angaben war ihre Kündigung auf dem Weg.
Quelle: ntv.de, chf/dpa