Wende in Prozess Mord-Angeklagter wird aus U-Haft entlassen
13.07.2023, 16:34 Uhr Artikel anhören
Auch nach dessen Entlassung aus der U-Haft geht der Prozess gegen den angeblichen Heilpraktiker weiter.
(Foto: picture alliance/dpa)
Vor dem Flensburger Landgericht muss sich ein angeblicher Heilpraktiker verantworten. Der 54-Jährige soll seiner Ehefrau eine Überdosis an verschiedenen Medikamenten verabreicht und dann auf sie eingestochen haben. Zuvor soll er mehrere Patientinnen sexuell missbraucht haben. Doch jetzt kommen Zweifel auf.
Ein angeblicher Heilpraktiker, der wegen des Mordverdachts an seiner Ehefrau und mehrerer Vergewaltigungen in Flensburg vor Gericht steht, wird aus der U-Haft entlassen. Dreieinhalb Monate nach Prozessbeginn habe das Landgericht Flensburg den Haftbefehl aufgehoben, teilte ein Sprecher mit. Die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft lägen nicht mehr vor.
Der ohne Qualifikation praktizierende Deutsche soll laut Anklage von 2014 bis 2022 sechs Frauen sexuell missbraucht und sie dabei teils auch körperlich verletzt haben. Als seine Taten aufzufliegen drohten, soll der Angeklagte zudem seine schwerkranke Ehefrau getötet haben, um an ihr Erbe zu gelangen. Er habe ihr eine Überdosis aus verschiedenen Medikamenten verabreicht und anschließend mit einem Messer auf sie eingestochen, heißt es in der Anklage.
Um den Mord als gemeinschaftlich geplanten Suizid darzustellen, soll der Angeklagte eine geringe Menge der Medikamente geschluckt und sich selbst mit dem Messer leicht verletzt haben. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn wegen Mordes aus Habgier, Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung und einer Reihe weiterer Delikte an.
Darmschlinge trat aus Bauchraum hervor
Doch dem Gericht zufolge kommt im Fall des Todes der schwerkranken Ehefrau eine Tötung auf Verlangen tatsächlich in Betracht, wonach der 54-Jährigen zunächst erst sie töten und dann selbst Suizid begehen wollte. Anders als von der Anklage vorgeworfen, soll er ebenfalls eine vollständige Dosis eines als tödlich geltenden Medikaments eingenommen und sich daraufhin selbst schwerere Verletzungen mit einem Messer zugefügt haben. Die Verletzungen seien so erheblich gewesen, dass sie zum Hervortreten einer Darmschlinge aus dem Bauchraum geführt hätten, heißt es.
Nach vorläufigem Abschluss der Beweisaufnahme gebe es auch bei einigen Sexualstraftaten keinen dringenden Tatverdacht mehr. Eine als Nebenklägerin auftretende Zeugin soll durch Fremdsuggestion durch Dritte zu einer falschen Erinnerung gebracht worden sein. In einem anderen Fall soll der Angeklagte ohne Unrechtsbewusstsein einen Vaginalabstrich bei einer Patientin gemacht haben. Dem Mann sei aber nicht unbedingt eine sexuelle Motivation seiner Taten nachzuweisen. So habe eine Expertin ausgesagt, dass das Einführen von Fingern in die Vagina eine in der Alternativmedizin angewandte Behandlungsmethode sei.
Auch nach dessen Entlassung aus der Untersuchungshaft wird der Prozess gegen den angeblichen Heilpraktiker fortgesetzt. Zuletzt waren für die Hauptverhandlung Termine bis zum 10. Oktober 2023 angesetzt.
Quelle: ntv.de, apr/dpa/AFP