"Ganz normale Option" Papst schließt Rücktritt nicht aus
30.07.2022, 11:02 Uhr
Der Papst leidet unter gesundheitlichen Problemen.
(Foto: AP)
Sein Vorgänger tat es - wird auch Papst Franziskus zurücktreten? "Die Tür steht offen", sagt der 85-Jährige. Im Moment denke er zwar nicht daran, könne aber übermorgen damit anfangen. Nach der jüngsten Reise steht für ihn auch fest: Er muss sich schonen.
Papst Franziskus hält einen Rücktritt als Oberhaupt der katholischen Kirche nicht für ausgeschlossen. "Die Tür steht offen. Das ist eine ganz normale Option", sagte der 85-Jährige auf dem Rückflug von seiner Kanada-Reise nach Rom. Gerade denke er zwar nicht daran, sein Amt niederzulegen, aber das hieße nicht, dass er damit nicht übermorgen anfangen könne, sagte er weiter.
Jorge Mario Bergoglio, wie Franziskus bürgerlich heißt, sprach auch seinen Gesundheitszustand an. In den zurückliegenden sechs Tagen konnte er kaum ein paar Schritte machen und saß die meiste Zeit im Rollstuhl. Den Papst plagt seit Längerem eine Knieverletzung.
"Ich denke, ich kann nicht in demselben Reiserhythmus wie zuvor weitermachen. Wenn ich an mein Alter denke und an meine Einschränkung, muss ich mich etwas schonen", sagte er. Sein Knieproblem könnte mit einer Operation gelöst werden, doch Franziskus will sich nach dem vergangenen Eingriff vor etwas mehr als einem Jahr an seinem Dickdarm nicht noch einmal unters Messer legen. "Das ganze Problem ist die Anästhesie", erklärte er. Diese habe beim letzten Mal bis heute Spuren hinterlassen. "Mit einer Anästhesie spielt man nicht", so der 85-Jährige.
Reisen will Franziskus nach eigenen Worten trotzdem weiter unternehmen. Man müsse diese nur vielleicht etwas kleiner planen. In Kanada besuchte er seit Sonntag die Ureinwohner, um bei ihnen für Gewalt und Missbrauch um Vergebung zu bitten, die sie als Kinder in von Kirchen geführten Internaten erlitten hatten.
Papst spricht von Genozid in Kanada
Der Papst äußerte sich auf dem Rückflug aus Kanada auch zum Umgang mit den Ureinwohnern an kirchlich geführten Internaten und sprach von einen Völkermord. "Es ist wahr. Das ist ein Genozid", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Der Papst reagierte damit auf Kritik von kanadischen Indigenen. Diese waren verärgert, weil Franziskus die Taten von Kirchenbediensteten nicht als kulturellen Genozid bezeichnet hatte.
Zu dieser Beurteilung kam der Abschlussbericht der staatlich eingerichteten Kommission für Wahrheit und Versöhnung, die sich mit dem Jahrzehnte langen Missbrauch und der Gewalt an den von der Kirche geführten Internaten beschäftigte. Mittlerweile wird nur noch von Genozid gesprochen.
"Es stimmt, das Wort wurde nicht gebraucht, aber ich habe den Genozid beschrieben, und ich habe um Entschuldigung und Vergebung gebeten", sagte Franziskus. Genozid sei ein Fachbegriff, aber er habe ihn nicht verwendet, weil ihm das nicht in den Sinn gekommen sei. Franziskus besuchte seit dem vergangenen Sonntag in Kanada Ureinwohner, um bei ihnen um Vergebung dafür zu bitten, dass sie jahrzehntelang in den Einrichtungen Erniedrigung, Missbrauch und Gewalt erfuhren.
Vor knapp über einem Jahr machte der Fund von mehr als 200 anonymen Kindergräbern nahe der Internate international das Schicksal der Ureinwohner aufmerksam. Franziskus bat bereits um Vergebung als Vertreter der Métis, First Nations und Inuit Ende März bei ihm im Vatikan waren. Sie wollten aber, dass der Papst sich auf ihrem Grund und Boden in Kanada entschuldigt.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa