Masipa braucht BedenkzeitPistorius erfährt Strafe am Dienstag

Gefängnis, Hausarrest oder Bewährung - am Ende der Anhörungen zum Strafmaß für Oscar Pistorius ist noch alles möglich. Anklage und Verteidigung werfen noch einmal alle Argumente in die Waagschale, doch entschieden wird erst in der kommenden Woche.
Das Strafmaß im Prozess gegen den ehemaligen südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius wird am kommenden Dienstag verkündet. Das teilte Richterin Thokozile Masipa zum Abschluss der Anhörungen von Verteidigung und Anklage zu der nach deren Ansicht angemessenen Strafe mit. Staatsanwalt Gerrie Nel forderte eine Mindeststrafe von zehn Jahren Haft, Verteidiger Barry Roux beantragte gemeinnützige Arbeit.
Der 27-Jährige bedaure seine Tat zutiefst, werde sein Leben lang mit dem Trauma leben müssen und habe nur noch einen Wunsch: "So viel Gutes zu tun wie möglich", sagte Anwalt Roux in seinem eineinhalbstündigen Plädoyer zum Strafmaß.
"Keine Strafe kann schlimmer sein als das, was er seit 18 Monaten durchmacht", sagte Roux weiter: Der ehemalige Sprintstar habe ungewollt einen "geliebten Menschen" getötet, habe seinen Status als Ikone, die meisten seiner Freunde sowie ein Großteil seines Vermögens verloren und sei von den Medien als "kaltblütiger Mörder" und verantwortungsloser Hitzkopf hingestellt worden. Ausdrücklich berief sich Roux auf das südafrikanische Prinzip "Ubuntu" - Menschlichkeit - das vor allem nach dem Ende der Apartheid als einer der Grundpfeiler des "neuen Südafrikas" gilt.
Anschließend wies Nel die Forderungen der Verteidigung nach einem milden Urteil zurück. Die Tötung eines Menschen sei auch dann eine schlimme Tat, wenn sie fahrlässig erfolgt, erklärte Nel vor dem Obersten Gericht in Pretoria.
Für die Erschießung seiner Freundin Reeva Steenkamp müsse Pistorius deshalb auch eine schwere Buße auferlegt werden, sagte Nel. Nel sagte, ein einfacher Hausarrest und die Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit, wie von der Verteidigung vorgeschlagen, wären "schockierend unangemessen". Wenn das Gericht den Angeklagten nicht so bestrafe, wie die Öffentlichkeit dies zu Recht erwarte, könne dies negative Rückwirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben.
Pistorius hatte seine Freundin Reeva Steenkamp im Februar 2013 durch die geschlossene Toilettentür erschossen, weil er dahinter nach eigenen Angaben einen Einbrecher vermutete. Eine Tötungsabsicht bestreitet der an den Unterschenkeln amputierte Sportler. Vor einem Monat hatte Richterin Masipa den 27-Jährigen der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Über das Strafmaß entscheidet Masipa. Anklage und Verteidigung hatten aber seit Montag nochmals Gelegenheit, ihre Argumente für oder wider eine Haftstrafe vorzutragen.