Akten deuten brisanten Plan anPlante Ex-BND-Chef Hanning Entführung der Block-Kinder?
Sarah Platz
Im Fall um die Entführung der Block-Kinder wird auch gegen August Hanning ermittelt. Die Firma des ehemaligen BND-Chefs könnte geplant haben, die Kinder aus Dänemark zu holen. Vor Gericht will er die Aussage verweigern - neue Details aus der Ermittlungsakte belasten ihn jedoch schwer.
Der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning, könnte deutlich stärker als bisher angenommen in den Fall um die Entführung der Block-Kinder eingebunden sein. Das zumindest deuten Details aus Ermittlungsakten an, über die die "Welt am Sonntag" berichtete. Die Zeitung beruft sich auf Protokolle von Telefonüberwachungen, Ermittlungsberichte und Tagebuchnotizen von Christina Block, die sie in der Akte einsehen konnten. Demnach könnte Hanning eine entscheidende Rolle in einem früheren, fehlgeschlagenen Entführungsversuch gespielt haben.
Dem Bericht zufolge geht die Staatsanwaltschaft Hamburg davon aus, dass die Firma "System 360" ein entsprechendes Vorhaben für den November 2022 plante. Das Unternehmen hat seinen Sitz in der Schweiz und berät Firmen hinsichtlich Wirtschaftskriminalität. Der Ex-BND-Chef sitzt im Verwaltungsrat des Unternehmens, der ehemalige Hamburger Kriminaldirektor Thorsten Mehles fungiert als Geschäftsführer. Auch gegen ihn ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Entführungsfall.
Die Ermittler gehen davon aus, dass "System 360" ein detailliertes Konzept für die Entführung der beiden jüngsten Block-Kinder aufstellte. Hanning habe sich für eine "Hauruck-Aktion" entschieden. Zwei aktive Personenschützer aus dem Polizeidienst seien bereits rekrutiert worden, beide mit der Bereitschaft, nach Dänemark zu fahren und die Kinder aus Dänemark zu holen, berichtete die "Welt am Sonntag". Das Konzept sah demzufolge vor, die beiden Minderjährigen, die seit August 2021 bei ihrem Vater wohnen, auf dem Schulweg abzufangen und nach Deutschland zu bringen.
Belastende Notizen
Die Aktion scheiterte schließlich, heißt es weiter. Zwar seien die angeheuerten Männer bereits nach Dänemark gereist. Noch bevor sie die Kinder abpassen konnte, seien sie jedoch aufgeflogen und festgenommen worden.
Besonders belastend für Hanning und Mehles sind dem Bericht zufolge die Tagebuchnotizen von Christina Block. Diese soll im Juli 2022, also rund ein Jahr, nachdem ihre Kinder in Dänemark blieben, notiert haben, dass die Familie in dem Fall nun "aktiv" werde. Ein Familienanwalt habe unter anderem Kontakt zu einer deutschen Firma aufgenommen - "System 360". Nur wenige Tage später soll sich Block mit Mehles getroffen haben, um über den Plan für die "Rückführung" der Kinder zu sprechen, wie es in dem Bericht weiter heißt.
In den entsprechenden Passagen des Tagebuchs deutet sich zudem jenes fragwürdige Rechtsverständnis von Christina Block und ihren Beratern an, das bereits vor dem Strafprozess auffiel. So habe Christina Block im August 2022 von einem "halbwegs offiziellen Eingriff" geschrieben - auch wenn man "ohne richterlichen Beschluss" aktiv werde.
Aufforderung durch dänische Justiz?
Block hatte im Oktober 2021 zwar das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Kinder von einem deutschen Gericht zugesprochen bekommen. Die Kinder hätten damit an sie herausgegeben werden müssen. Eine entsprechende Rückführung hätte – offiziell – durch die dänischen Behörden geschehen müssen. Allerdings entschied ein dänisches Gericht mit Blick auf das Wohl der Kinder, dass diese nicht zwangsweise zurückgeführt werden.
In ihrem Tagebuch beschrieb Christina Block die rechtliche Einordnung dieses Umstands durch Hanning, wie die Zeitung weiter schreibt. Demnach teilte Mehles ihr mit, dass Hanning das Verhalten der dänischen Behörden als Aufforderung verstehe. Indem die Dänen die Auslieferung der Kinder nicht vollstreckten, könnten sie somit selber tätig werden, so die mutmaßliche Annahme des ehemaligen BND-Chefs. Diese Passage, davon gehen die Ermittler aus, bestätige den Verdacht, dass wissentlich über die Begehung einer strafbaren Entziehung der Kinder gesprochen wurde.
Dass auch Christina Block bereits damals ein gewisses Unrechtsbewusstsein gehabt haben könnte, sollen weitere Details des Eintrags belegen. So schreibt die Angeklagte zum einen, es werde klappen - "entweder einigermaßen schön oder eben nicht so schön", wie die Zeitung zitiert. Zum anderen soll sie gehofft haben, dass die dänische Polizei nicht auftaucht.
Hanning und Mehles selbst streiten die Vorwürfe über ihre Verteidiger ab. An den Behauptungen gegen ihre Mandanten sei nichts dran, teilten letztere auf Anfrage der Zeitung mit.
Zwar sind nun deutlich mehr Details über die Ermittlungen gegen Hanning und Mehles bekannt geworden. Die Vorwürfe einer mutmaßlichen Verstrickung in den Fall sind jedoch keineswegs neu. Im September durchsuchten Ermittler verschiedene Wohn- und Geschäftsräume von ihnen. Zudem erließ ein Amtsgericht schon im April 2025 den Beschluss, die Telefone von Hanning und Mehles abzuhören und die Männer zu observieren.
Hanning sollte im Strafprozess gegen unter anderem Christina Block ursprünglich Ende Oktober als Zeuge aussagen. Nachdem er ankündigte, von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, hob das Landgericht seine Ladung wieder auf. Das Recht steht jedem Zeugen zu, wenn er sich oder Angehörige selbst belasten müsste. Sowohl für Hanning als auch für Mehles gilt die Unschuldsvermutung.