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Dokument zeichnet anderes Bild Akten belegen Zweifel an Hensels Gewaltvorwurf gegen Block

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Die Unternehmerin muss sich vor dem Hamburger Landgericht unter anderem wegen gewaltsamer Kindesentziehung verantworten.

Die Unternehmerin muss sich vor dem Hamburger Landgericht unter anderem wegen gewaltsamer Kindesentziehung verantworten.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Behauptung, Christina Block habe ihre Kinder misshandelt, ist ein zentraler Punkt im Sorgerechtsstreit zwischen der Unternehmerin und ihrem Ex-Mann. Deutsche Behörden halten den Vorwurf jedoch schon früh für übertrieben, wie Auszüge aus Gerichts- und Ermittlungsakten zeigen.

Im Sorgerechtsstreit zwischen Christina Block und Stephan Hensel sind neue Details zu Gewaltvorwürfen gegen die Unternehmerin ans Licht gekommen. Hensel behauptet, seine Ex-Frau habe die beiden jüngsten gemeinsamen Kinder Theodor und Klara körperlich misshandelt, als diese noch in Hamburg bei der Mutter lebten. Gerichts- und Polizeiakten, aus denen die "Welt" zitiert, zeigen nun, dass deutsche Behörden erhebliche Zweifel an der Darstellung des Vaters hatten.

Die Einschätzung der Ermittler steht im Zusammenhang mit der Vorgeschichte des Strafprozesses, in dem sich Block wegen der mutmaßlichen Entführung ihrer Kinder behaupten muss. Theodor und Klara leben seit August 2021 bei Hensel - er behielt sie nach einem Umgangswochenende gegen die vorherige Absprache bei sich in Dänemark. Als Grund nannte er "das kindeswohlgefährdende Verhalten der Mutter".

In seiner Aussage im Entführungsprozess schilderte er die erhobenen Vorwürfe gegen Block genauer. Diese habe Theodor an den Haaren die Treppe hochgezogen, auf den Hinterkopf geschlagen und eingesperrt. Hensel habe blaue Flecken bei den Kindern bemerkt, woher diese stammten, wusste er jedoch nicht. Zudem habe sein Sohn einmal eine Beule am Hinterkopf gehabt. "Es gab Gewalt im Hause und deshalb wollen sie nicht zurück zur Mutter", sagte Hensel über die Gespräche mit seinen Kindern im August 2021. Hensel informierte seine Ex-Frau per Nachricht darüber, dass er nun das Jugendamt einschalte und die Kinder bis zur Klärung in Dänemark blieben.

Widersprüchliche Aussagen

Nur wenige Tage später kam es zu einer Strafanzeige gegen Block wegen Körperverletzung und Vernachlässigung, wie die "Welt" nun berichtet. Einen Strafantrag, also den ausdrücklich erklärten Wunsch nach Strafverfolgung, stellte Hensel demnach jedoch nicht. "Das Hamburger Jugendamt wollte die Kinder nicht anhören. Wir haben uns entsprechend an die deutsche Polizei gewendet. Dieses führte automatisch zu einer Strafanzeige, nicht jedoch zum Strafantrag", erklärte Hensel der Zeitung dazu.

Als die Kinder anschließend mehrfach befragt wurden, fielen den deutschen Behörden laut dem Bericht Widersprüche auf. Vor allem die Intensität der geschilderten Gewalt variierte stark. So beschrieb Klara das "Einsperren" beispielsweise zunächst als Aufforderung, in ihrem Zimmer zu bleiben. Später berichtete sie von einem Einschließen auf der Toilette. Auch gab es unterschiedliche Darstellungen dazu, wie stark der Schlag gegen den Hinterkopf gewesen sei.

Die Behörden kamen zu dem Schluss, "dass die in Rede stehenden Vorfälle von den Kindern schwerwiegender und drastischer erinnert werden, als tatsächlich geschehen", wie die Zeitung aus den Akten zitiert. Demnach handele es sich um "vielleicht fragwürdige erzieherische Maßnahmen". Misshandlung von Schutzbefohlenen oder vorsätzliche Körperverletzung seien jedoch nicht ersichtlich. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen hierzu ein.

Einflussnahme durch Hensel?

Das Oberlandesgericht Hamburg teilte die Einschätzung der Ermittler. Es sprach Block im Oktober 2021 das alleinige Sorgerecht zu. Zwar wolle man die Gewaltvorwürfe nicht verharmlosen, zitiert die "Welt" aus dem Urteil. Allerdings komme man entgegen der Aussage von Hensel nicht zu der Erkenntnis, dass Block "regelhaft gewalttätige Handlungen" verübe und ein Klima der Angst schaffe. Bei den Maßnahmen der Mutter handele es sich lediglich um "körperliche Einwirkungen geringeren Gewichts". Vor diesem Hintergrund erklärte sich Block bereit, die Hilfe des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen und ihre Erziehung zu reflektieren.

Block selbst bestreitet vehement, jemals gewalttätig geworden zu sein. Die Aussagen ihrer Kinder seien vielmehr das Ergebnis der Entfremdung durch ihren Vater. Hensel habe die beiden Jüngsten indoktriniert und sie als Mutter "dämonisiert", sagte sie in dem jetzt laufenden Entführungsprozess. Dass die deutschen Behörden eine Einflussnahme durch den Vater zumindest "nicht ausschließen" konnten, belegen die nun veröffentlichten Auszüge aus den Akten.

Demnach vermerkte die Hamburger Staatsanwaltschaft bei ihren damaligen Ermittlungen etwa, "dass mit übertriebenen Darstellungen eine für die eigene Partei günstige Entscheidung im Sorgerechtsstreit herbeigeführt werden sollte". Zudem attestierten die Richter am OLG Hamburg Hensel eine fehlende "Bindungstoleranz". Laut den Auszügen aus den Akten blockierte er die Arbeit eines bestellten psychologischen Sachverständigen und kooperierte nur schwer mit einem vom Gericht angeordneten Umgangspfleger.

Dänische Behörden stützen Hensel

Letzterer schrieb laut dem Bericht im Juni 2022 an das Gericht, dass er einen begleiteten Kontakt zwischen den Kindern und Block für "kindeswohlgerecht" halte, wenn der Vater die Kinder darin unterstütze. "Bei meinen bisherigen Hausbesuchen war das Gegenteil der Fall", fügte er hinzu. Zu einer ähnlichen Einschätzung kam offenbar der Allgemeine Soziale Dienst des Hamburger Jugendamtes. Indem Hensel mit seinen Kindern über die Verfahren im Detail gesprochen und "Entführungsszenarien" entworfen habe, sorge er für Angst und Ablehnung gegenüber der Mutter, hieß es in einem internen Vermerk.

Bei den nun ans Licht gekommenen Passagen aus Ermittlungs- und Gerichtsakten handelt es sich um die Einschätzung deutscher Behörden. Hensel hingegen verwies mehrmals auf dänische Psychologen und Gutachter, die den Fall nachweislich anders bewerteten. So lehnte ein dänisches Gericht Blocks Antrag auf Rückführung im Frühjahr 2022 ab. Das dänische Familiengericht in Sønderborg entzog ihr im Mai 2025 schließlich das Sorge- und Umgangsrecht.

Es verwies dabei vor allem darauf, dass Klara und Theodor mehrfach geäußert hätten, weder bei Christina Block wohnen zu wollen noch Kontakt zu ihr haben zu wollen. Ein dänischer Kinder-Sachverständiger habe festgestellt, dass Klara fürchtete, "das bisherige, sichere und gute Leben mit strukturiertem Alltag in Dänemark aufgeben zu müssen", berichtete die "Bild"-Zeitung. Demnach hatte Theodor bereits vor der Entführung Angst, "plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen zu werden, das er liebt".

Die dänischen Sachverständigen und Richter konnten im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen keine mögliche Einflussnahme durch Hensel feststellen. Allerdings schlossen auch sie laut dem Bericht eine einvernehmliche Lösung aus. Die Eltern von Theodor und Klara seien aufgrund des "hohen Konfliktniveaus" nicht in der Lage, "im Sinne des Kindeswohls" zusammenzuarbeiten.

Quelle: ntv.de

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