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Platzmangel auf Friedhöfen Sizilianer beseitigt Leichen, um Gräber zu verkaufen

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Besonders in Süditalien ist der Mangel an Gräbern und Plätzen für Urnen auf Friedhöfen zu einem ernsten Problem geworden.

Besonders in Süditalien ist der Mangel an Gräbern und Plätzen für Urnen auf Friedhöfen zu einem ernsten Problem geworden.

(Foto: picture alliance / robertharding)

Italiens Polizei kommt einem besonders makabren Friedhofsskandal auf die Spur. Offenbar nimmt ein Totengräber aus Profitgründen illegal Leichen aus ihren Gräbern. Im Süden Italiens sind solche Mafia-Methoden im Bestattungswesen kein Einzelfall.

In Sizilien hat die Polizei einen ehemaligen Totengräber und seinen Assistenten verhaftet. Sie sollen illegal Leichen aus Gräbern entfernt haben, um Platz für neue Verstorbene zu schaffen. Darüber informierte die Polizei von Trapani auf ihrer Website und auf Facebook. Gegen weitere 18 Personen ermittelt die Polizei im selben Zusammenhang, drei örtlichen Bestattungsunternehmen hat sie die Betriebserlaubnis entzogen.

Die Ermittlungen wegen mutmaßlicher Bestechung und Korruption laufen bereits seit 2023. In diesem Zusammenhang hat die Polizei auch das Haus eines Gerichtsmediziners durchsucht. Er soll den Totengräbern geholfen haben, indem er fälschlicherweise die Verwesung von Leichen bescheinigte. So sollte mutmaßlich Platz für neue Bestattungen geschaffen werden.

War der Gerichtsmediziner nicht verfügbar, entschied der Totengräber laut den Ermittlern über "außerordentliche Ausgrabungen", bei denen kommunale Gräber geräumt wurden, um sie anschließend weiterverkaufen zu können. Die Polizei vermutet zudem, dass der Totengräber Wertgegenstände wie Goldschmuck von den noch zu begrabenden Leichen entwendete.

Schnellere Bestattungen nur gegen Bargeld

Der Totengräber soll Angehörige der Verstorbenen gezwungen haben, eine zusätzliche Summe an Bargeld für eine schnellere Bestattung draufzuzahlen - eine Gebühr, die er laut Polizei als "Kaffee für den Totengräber" bezeichnete. "Im Laufe der Ermittlungen wurden nicht weniger als 25 Fälle illegaler Bestattungen dokumentiert", so die Polizei in ihrer Pressemitteilung.

Des Weiteren soll der verhaftete Totengräber seine eigenen Maurer für Arbeiten an privaten Grabkapellen eingesetzt haben - zu günstigeren Preisen, weil er die städtischen Steuern nicht zahlte. Befreundete Blumenhändler soll er über frische Gestecke auf Gräbern informiert haben, die diese entwendeten und erneut verkauften.

Die Polizei gab außerdem bekannt, dass der Beschuldigte die Arbeit eines externen Dienstleistungsunternehmens behindert habe. Stattdessen koordinierte er gegen eine Gewinnbeteiligung heimlich die Arbeit dreier Bestattungsunternehmen, die Bestattungen, Ausgrabungen und Überführung sterblicher Überreste durchführten.

Was mit den ausgegrabenen Leichen geschah, könne nicht beantwortet werden, so die Polizei gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Lokale Medien berichteten von einer Familie, die die Leiche ihres Angehörigen in einem Sack mit anderen Leichen auf dem Friedhof fand, so CBS.

Platzmangel auf italienischen Friedhöfen

Es ist in Italien keine Seltenheit, dass die Mafia Friedhöfe und Bestattungsinstitute kontrolliert, wenn kriminelle Organisationen in der entsprechenden Gegend verwurzelt sind. Erst vor zwei Wochen verurteilte ein Gericht den ehemaligen Verwalter des Friedhofs von Tropea im Süden Italiens zu fünf Jahren Gefängnis, sein Sohn erhielt drei Jahre und sechs Monate.

Das Duo, das die Polizei mit versteckten Kameras auf frischer Tat ertappte, wurde wegen Verschwörung, Grabschändung, Leichenschändung, illegaler Entsorgung von Friedhofssondermüll und Unterschlagung angeklagt. Die Täter zerschlugen Särge mit einer Spitzhacke, entkleideten Leichen und entfernten Schmuck mit Sägen und Hämmern. Der "Guardian" berichtet von einem Video, das zeige, wie Leichen in schwarzen Plastiksäcken entsorgt und in Mülltonnen geworfen oder verbrannt werden.

Besonders in Süditalien ist der Mangel an Gräbern und Plätzen für Urnen auf Friedhöfen zu einem ernsten Problem geworden. Manchmal liegen die Särge der Toten jahrelang in Lagerhallen gestapelt. Die Covid-19-Pandemie hat die Krise zusätzlich verschärft. 2021 organisierten Behörden sogar eine Lotterie, um zu entscheiden, welche Leichen in den wenigen noch freien Gräbern bestattet werden sollten.

Quelle: ntv.de, lwo

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