Anwalt räumt Falschangabe einPolizist in Nantes schoss nicht in Notwehr

Die Krawalle im französischen Nantes gehen in die vierte Nacht. Der Polizist, der sie mit seinem tödlichen Schuss auf einen 22-Jährigen ausgelöst hat, spricht plötzlich von einem Unfall.
Nach dem tödlichen Schuss auf einen 22-Jährigen im französischen Nantes hat der verantwortliche Polizist Falschangaben eingeräumt. Sein Anwalt sagte, der Beamte habe anders als bisher dargestellt nicht in Notwehr gehandelt. Bei dem Schuss habe es sich um einen "Unfall" gehandelt. Nach dem Tod des jungen Mannes kam es in der Stadt die vierte Nacht in Folge zu Krawallen.
Ein Untersuchungsrichter ordnete am Freitagabend die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Polizisten an. Der Verdacht laute auf "mutwillige Gewalt" mit Todesfolge. Der Polizist wurde zudem unter gerichtliche Aufsicht gestellt.
Zuvor hatte der Verteidiger des Beamten Falschangaben seines Mandanten eingeräumt: "Er hat zugegeben, Angaben gemacht zu haben, die nicht der Wahrheit entsprechen." Gegenüber Generalinspekteuren der nationalen Polizei habe er nun angeführt, bei dem Schuss habe es sich um einen "Unfall" gehandelt.
Bisher hieß es, er habe in Notwehr auf den jungen Mann geschossen, nachdem dieser mit seinem Auto einen Kollegen bei einer Verkehrskontrolle angefahren habe. Wegen Zweifeln an der Darstellung des Schützen ist dieser bereits seit Donnerstag in Polizeigewahrsam.
50 brennende Autos
Wegen des Vorfalls kam es erneut zu Ausschreitungen. Mehr als 50 Autos brannten nieder, darunter auch das von Bürgermeisterin Johanna Rolland. Zudem zündeten die Unruhestifter Schulen und andere öffentliche Gebäude an. In dem Ort Garges-lès-Gonesse nördlich von Paris, woher der Tote stammt, wurden Mülleimer angezündet und ein Polizeiauto angegriffen.
Rund tausend Demonstranten forderten in Nantes "Gerechtigkeit" für den 22-Jährigen und die "Wahrheit" über die Umstände seines Todes. Die Regierung hatte zuvor eine lückenlose Aufklärung zugesagt. Der junge Mann, der von örtlichen Medien als Aboubakar F. identifiziert wurde, war der Polizei wegen "bandenmäßigen Diebstahls" bekannt.
Frankreichs Polizei gilt wegen der Anschlagsserie mit mehr als 240 Toten seit Januar 2015 als notorisch überlastet. Zudem sehen sich viele Polizisten zunehmenden Attacken in Vorstädten ausgesetzt. Bewohner der Banlieues werfen den Beamten ihrerseits brutale Methoden und einen übertriebenen Schusswaffengebrauch vor.