Panorama

Anklage wirft Heimtücke vorProzess um Mord nach Maskenstreit beginnt

21.03.2022, 06:34 Uhr
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Trauer im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein. Der Verdächtige hat die Tat bereits gestanden. (Foto: picture alliance/dpa)

Der Fall sorgt bundesweit für Entsetzen: Wegen eines Streits um die Maskenpflicht soll ein Mann den Mitarbeiter einer Tankstelle in Idar-Oberstein erschossen haben. Nun steht der mutmaßliche Täter vor Gericht. Die Anklage sieht gleich zwei Mordmerkmale erfüllt.

Rund ein halbes Jahr nach dem tödlichen Schuss auf einen Tankstellen-Mitarbeiter in Idar-Oberstein muss sich der mutmaßliche Täter vom heutigen Montag an wegen Mordes vor dem Landgericht Bad Kreuznach verantworten. Zunächst sind nach Angaben des Gerichts 13 Verhandlungstermine bis Mitte Mai angesetzt. Laut Anklage soll der 50-Jährige den 20 Jahre alten Mitarbeiter Mitte September 2021 getötet haben, nachdem dieser ihn mehrfach auf die coronabedingte Maskenpflicht hingewiesen hatte.

Nach den Ermittlungen hatte der Angeklagte am 18. September an der Tankstelle ohne Maske Bier kaufen wollen. Er kam zweimal. Beim ersten Mal soll er nach einer Diskussion mit dem Schüler, der als Aushilfe an der Tankstelle jobbte, wieder gegangen sein. Als er zurückkam, trug er den Angaben zufolge zunächst eine Mund-Nasen-Bedeckung, die er dann aber an der Kasse herunterzog. Nach einem Wortwechsel mit dem 20-Jährigen habe der 50-Jährige einen Revolver aus der Hosentasche gezogen und den jungen Mann mit einem Kopfschuss getötet. Der junge Mann war sofort tot. Die Trauer um den Getöteten hatte wochenlang das Leben in Idar-Oberstein (Landkreis Birkenfeld) geprägt.

Verdächtiger wollte "ein Zeichen setzen"

Laut Staatsanwaltschaft handelte der Täter "heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen". Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche hat die Tat gestanden. Nach seiner Festnahme soll er gesagt haben, er habe sich seit langem durch die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angeordneten Beschränkungen belastet gefühlt und beschlossen, "ein Zeichen zu setzen", teilte die Anklagebehörde mit. Den 20-Jährigen soll er "als mitverantwortlich für die Gesamtsituation angesehen haben, weil dieser die Corona-Regelungen habe durchsetzen wollen".

Nach dem Todesschuss soll der Angeklagte die Maske wieder über Mund und Nase gezogen haben und die Tankstelle verlassen haben, hieß es. Der selbstständige Softwareentwickler aus Idar-Oberstein ist zudem wegen unerlaubten Waffenbesitzes angeklagt. Die Ermittler hatten laut Staatsanwaltschaft rund 20 Zeugen vernommen, darunter seien auch Augenzeugen gewesen, die bei der Tat vor Ort in der Tankstelle waren.

Zudem sei umfangreiches Material von den sichergestellten Datenträgern des Angeklagten ausgewertet worden. Dabei habe sich gezeigt, dass der Mann "der Mehrheitsgesellschaft und dem Staat ablehnend distanziert gegenüber" gestanden habe. Zudem habe er sich mit Theorien der Corona-Leugner befasst, ohne aber in einer Gruppe oder Organisation aktiv gewesen zu sein. Er habe "relativ zurückgezogen" gelebt.

Der Anwalt des Angeklagten kündigte an, sein Mandant werde im Prozess ein Geständnis ablegen und und seine Reue ausdrücken. "Ob die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe erfüllt sind, wird die Beweisaufnahme ergeben", sagte Verteidiger Alexander Klein. "Dagegen werden wir uns verteidigen."

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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