Panorama

Größter Waldbrand der Region Qualm von Lübtheen zieht bis nach Berlin

65a581b02fef0fc48f3e4cd890ea89c2.jpg

(Foto: dpa)

Im Westen Mecklenburg-Vorpommerns steht ein riesiges Waldgebiet in Flammen. Mit schwerem Gerät kämpft die Feuerwehr gegen den größten Waldbrand in der Geschichte des Landes. Starker Wind erschwert die Löscharbeiten, explosive Altlasten gefährden die Helfer.

Mecklenburg-Vorpommern kämpft nach Angaben von Umweltminister Till Backhaus gegen den größten Waldbrand in der Geschichte des Landes. Auch zu DDR-Zeiten habe es in der Region im Nordosten Deutschland einen Brand dieses Ausmaßes nicht gegeben, betonte der SPD-Politiker.

Von dem Feuer betroffen sind inzwischen 430 Hektar auf einem früheren Truppenübungsplatz bei Lübtheen im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Das Gelände, auf dem während des Zweiten Weltkriegs einer der größten Munitionsbetriebe der Kriegsmarine stand, ist zudem hochgradig mit Munition belastet. "Die Sicherheit von Leib und Leben hat jetzt oberste Priorität", sagte Backhaus bei einer Pressekonferenz mit Landrat Stefan Sternberg und Landesinnenminister Lorenz Caffier.

In der Nacht und am Morgen wurden drei Ortschaften, die unmittelbar an den Brandherd grenzen, vorsorglich evakuiert, wie Sternberg erklärte. Insgesamt 650 Menschen mussten damit aufgrund der Brandausbreitung ihre Häuser verlassen. Zudem sei ein Ferienlager mit 100 Kindern geräumt worden. Seit dem Vortag ist im Brandgebiet ein spezieller Löschpanzer im Einsatz.

Explosive Altlasten aus Jahrzehnten

Ungeschützt dürfen sich Helfer bei der Brandbekämpfung nicht in das Gelände vorwagen. Da das Erdreich auf dem seit Jahrzehnten als Truppenübungsplatz genutzten Gebiet mit Blindgängern und Munitionsresten durchsetzt ist, besteht akute Explosionsgefahr. Die Feuerwehr muss daher einen Sicherheitsabstand von mindestens 1000 Metern zur Flammenfront einhalten. Diese Vorgabe gilt auch in die Höhe, wie Innenminister Caffier betonte. Dies erschwere die Löscharbeiten per Hubschrauber zusätzlich.

"Wir sind hier noch lange nicht über den Berg", hieß es. Im Tagesverlauf seien Böen aus wechselnden Richtungen bis Stärke 4 zu erwarten. Die Region sei aufgrund der Witterung und der großen Hitze regelrecht ausgetrocknet. Vorhersagen seien daher schwierig, wie Landrat Sternberg beotnte. Stellenweise springt das Bodenfeuer auf die Baumkronen über, wodurch sich die Ausbreitung der Flammen beschleunigt.

Die Hitzeentwicklung sei enorm, hieß es. In der Region gebe es überwiegend Nadelbaumbestände, die größtenteils aus Kiefern bestehen. "Das brennt wie Zunder", sagte Sternberg. Regen sei vorerst nicht in Sicht. Sternberg geht davon aus, dass wohl der gesamte Waldbestand des Truppenübungsplatz abbrennen wird.

Hilferufe an den Bund

An einem Entsorgungsbetrieb für Munition, der am Rande des Truppenübungsplatzes liegt, waren die Flammen am Vormittag nur noch etwa 50 Meter entfernt. Die Behörden vor Ort forderten unter anderem auch schweres Gerät der Bundeswehr an. Dabei geht es neben weiteren Löschhubschraubern auch um spezielle Panzerfahrzeuge. Da der Brand auf einem Gelände des Bundes ausgebrochen war, sah Landesminister Backhaus auch den Bund in der Pflicht. "Wir brauchen eine Technologie, die in der Lage ist, solche Situationen zu beherrschen."

Großeinsatz mit zahlreichen ehrenamtlichen Kräften: Hunderte Helfer versuchen, das Eigentum der Anwohner bei Lübtheen zu schützen.

Großeinsatz mit zahlreichen ehrenamtlichen Kräften: Hunderte Helfer versuchen, das Eigentum der Anwohner bei Lübtheen zu schützen.

(Foto: dpa)

Die Behörden riefen die Öffentlichkeit dazu auf, die betroffene Region zu meiden und die Arbeiten der Einsatzkräfte nicht zu behindern. Den Weisungen der Polizei, der Feuerwehr und auch der Forstbediensteten müsse unbedingt Folge geleistet werden, hieß es. Schaulustige hätten vor Ort nichts zu suchen. "Das können wir hier nicht gebrauchen."

"Massiver Brandgeruch in Berlin"

Aufgrund der Wetterlage breiten sich die Rauchschwaden im weiten Umkreis aus. Die Kleinstadt Ludwigslust, die rund 20 Kilometer östlich der Waldbrandzone liegt, war zeitweise vom Qualm vernebelt. Anwohner sollten auch hier Türen und Fenster geschlossen halten, hieß es.

Selbst im rund 180 Kilometer entfernten Berlin war der Rauch aus Lübtheen zu Wochenbeginn deutlich wahrnehmbar. "Aufgrund eines großen Waldbrandes bei Lübtheen kommt es zu massivem Brandgeruch", teilte die Berliner Feuerwehr mit. "Wählen Sie den Notruf 112 bitte nicht für Nachfragen." Der Geruch sei lästig, aber nicht gefährlich, hieß es.

Auch in Teilen Sachsens meldeten sich besorgte Anwohner bei den Behörden, um sich nach der Ursache des starken Rauchgeruchs zu erkundigen. Bei den Feuerwehren in Leipzig und Dresden gingen am Morgen zahlreiche Anrufe ein. Sie berichteten, dass es stark nach Rauch rieche, aber nirgends brenne, sagte ein Sprecher der Rettungsleitstelle in Leipzig. Auch in Dresden zog der Geruch von Nord nach Süd über die gesamte Stadt. Die Mitarbeiter der Rettungsleitstellen hätten die Anrufer beruhigt. Der Brandgeruch stamme tatsächlich von dem Waldbrand im 300 Kilometer entfernten Lübtheen.

Verdacht auf Brandstiftung

Experten zufolge begünstigten drei Faktoren die ungewöhnlich weite Ausbreitung der Rauchschwaden: Die vorherrschenden Westwinde aus wechselnden Richtungen hätten Teile der Qualmwolken in Bodennähe gedrückt und Richtung Süden und Osten geschoben, erklärten Meteorologen. Dazu kam die flache Landschaft im Nordosten Deutschlands, die eine großräumige Verbreitung ermöglichte. Der Qualm wurde in der Region nicht durch Berge aufgehalten oder umgelenkt, wie ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach erklärte.

Hinzu kam demnach als dritter Faktor, dass es auf der gesamte Strecke in der Nacht nicht regnete. Dies hätte die Ausbreitung gestoppt. Bei der entsprechenden Windrichtung könne sich eine Rauchwolke so wenig verdünnt auch über 200 Kilometer hin ausdehnen, wie der DWD-Sprecher sagte.

Das Feuer auf dem Gelände des Standortübungsplatzes bei Lübtheen war am Sonntag ausgebrochen. Die Behörden ermitteln wegen des Verdachts der Brandstiftung. Die neuerlichen Brände waren demnach an drei verschiedenen Stellen nahezu zeitgleich aufgetreten.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen