Militär sucht Vermisste Region Valencia droht weiteres Unwetter
31.10.2024, 13:23 Uhr Artikel anhören
Die Zahl der Todesopfer dürfte weiter steigen.
(Foto: AP)
Nach den verheerenden Regenfällen in Spanien kommen die betroffenen Anwohner nicht zur Ruhe. Während Rettungskräfte in Fahrzeugwracks nach Überlebenden suchen, braut sich am Himmel neue Gefahr zusammen.
In Spanien gilt für Teile der Überschwemmungsgebiete in der Region um die Großstadt Valencia erneut eine Unwetterwarnung. In den am stärksten betroffenen Landstrichen gab es am Vormittag zwar zunächst ruhiges Wetter. Die Wetterbehörde AEMET verhängte für die Provinz Castellon aber ihre höchste Warnstufe. Weiter nördlich in Katalonien wurde eine Notfallwarnung für die Stadt Tarragona ausgesprochen.
In Valencia - der drittgrößten Stadt des Landes - war am Dienstag innerhalb von acht Stunden teilweise so viel Regen gefallen wie sonst in einem gesamten Jahr. Mindestens 95 Menschen starben durch die verheerenden Überschwemmungen. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist nicht bekannt. Spaniens Verteidigungsministerin Margarita Robles sagte am Mittwochabend, die Zahl der Toten werde wahrscheinlich noch steigen.
Robles erklärte die Suche nach den Vermissten zur Priorität des Tages, wie sie dem TV-Sender Telecinco sagte. Wie auf TV-Bildern zu sehen ist, suchen Rettungskräfte in den zahlreichen Fahrzeugwracks am Rande von Straßen und auf überfluteten Feldern nach Überlebenden. Die Trümmer müssen dabei teilweise mit schwerem Gerät beseitigt werden. In der Region Valencia, in der 92 der bisher bestätigten 95 Toten gefunden wurden, soll nun das Militär gezielt in den Ortschaften Paiporta und Masanasa nach Menschen in Not suchen.
Warnung per Handy erst am Abend
Die Wetterbehörde warnte Menschen vor allem in Castellon, nördlich von Valencia. Auf Reisen in die Region sollte unbedingt verzichtet werden. In der Valencia-Region wurden durch die Fluten Brücken, Straßen, Schienen und zahlreiche Gebäude beschädigt. Am stärksten betroffen war die Kleinstadt Utiel, etwa 85 Kilometer von Valencia entfernt. Dort trat der Fluss Magro über das Ufer. Bürgermeister Ricardo Gabaldon sagte, mindestens sechs Menschen seien hier gestorben, vor allem Ältere, die sich nicht hätten in Sicherheit bringen können.
In den Fokus rückt nun die Frage, ob die Behörden nicht früh genug vor der Gefahr gewarnt haben. Ministerin Robles lehnte es ab, sich an der Diskussion zu beteiligen. "Jeder weiß, was er gut und schlecht gemacht hat", sagte sie mit Blick auch auf einen Streit zwischen Innenminister Fernando Grande-Marlaska und dem Regierungschef der Region Valencia, Carlos Mazón. Beide werfen sich gegenseitig vor, für das Warnsystem zuständig gewesen zu sein.
Tatsächlich gingen Warnungen am Dienstag gegen 20.10 Uhr des Zivilschutzes an die Handys aller Menschen in der Region Valencia, wie der staatliche Rundfunksender RTVE rekonstruiert. Dabei habe es aber schon Stunden vorher zu regnen begonnen, merkte die Zeitung "El País" an. Der Wetterdienst Aemet habe bereits am Dienstagmorgen gegen 7.30 Uhr die höchste Warnstufe ausgerufen, was sehr hohe Gefahr bedeutet.
Viele Menschen im Auto unterwegs
Doch die Warnungen des Zivilschutzes seien dann erst am Abend erfolgt, als erste Flüsse bereits über die Ufer getreten waren. Viele Menschen waren trotz der Unwetter in ihren Autos unterwegs und liefen damit Risiko, liegenzubleiben oder von der Strömung weggerissen zu werden. Die große Ford-Fabrik in Almussafes und die Universität València hatten ihre Leute zuvor bereits nach Hause geschickt, wie die Zeitung schrieb.
Schwer getroffen von den heftigen Regenfällen vom Dienstag sind auch andere bei Touristen beliebte Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha im Landesinnern. Die extremen Niederschläge hatten binnen weniger Stunden zahlreiche Flüsse in reißende Ströme und Straßen in Flüsse verwandelt, die Häuser zerstörten und Bäume, Menschen sowie Fahrzeuge mit sich rissen. Der Wetterdienst Aemet sprach von einem "historischen Unwetter", dem schlimmsten solcher Art in der Region Valencia, wo die meisten Toten verzeichnet wurden.
Mancherorts fiel innerhalb eines Tages so viel Regen wie sonst in einem Jahr - in einigen Orten der Region Valencia Aemet zufolge bis zu 400 Liter pro Quadratmeter. Menschen, Autos und Bäume, aber auch Infrastruktur wurden in den Fluten mitgerissen. Vielerorts gab es große Verwüstung.
Drei Tage Staatstrauer
Angesichts dieser plötzlichen Wettergewalten fühlten sich nicht wenige gerade in Deutschland auch an die Flutkatastrophe im Ahrtal erinnert, bei der im Juli 2021 mindestens 135 Menschen ums Leben kamen.
Auslöser für die Unwetter in Spanien war das Wetterphänomen "Kalter Tropfen" (gota fría). Es tritt in der spanischen Mittelmeerregion in den Monaten September und Oktober häufig auf und basiert auf stark schwankenden Temperaturen von Meer und Luft. Das Phänomen entsteht, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben. Die Zentralregierung in Madrid rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Sie sicherte den Betroffenen auch schnelle Hilfe beim Wiederaufbau zu.
Quelle: ntv.de, chl/rts/dpa