Abweichung von STIKO-Empfehlung Sachsen rät zu Impfung für alle Kinder ab 12
30.07.2021, 16:02 Uhr
Die Impfkommission in Sachsen gibt eine generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren ab.
(Foto: dpa)
Als einziges Bundesland hat Sachsen eine eigene Impfkommission. Diese empfiehlt die Corona-Impfung nun für alle Kinder ab zwölf Jahren. Somit gibt sie Eltern einen anderen Rat als die Ständige Impfkommission, aus der immer größerer Unmut über die Forderungen von Spitzenpolitikern laut wird.
Die Sächsische Impfkommission (SIKO) empfiehlt eine Corona-Schutzimpfung für alle Kinder ab zwölf Jahren. Das geht aus einem Update der Empfehlungen zum 1. August hervor. Damit hat die SIKO ihre Impfempfehlung für Kinder ausgeweitet. Bisher hatte sie die Schutzimpfung im Alter von 12 bis 15 Jahren bei Vorliegen von Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf empfohlen - sowie für alle nach einer ausführlichen Aufklärung.
In die neue Bewertung seien Daten aus den USA und Israel eingeflossen, schreibt die Impfkommission. Die Nutzen-Risiko-Abwägung falle demnach zugunsten der Impfung für alle Kinder ab zwölf aus. Die Mediziner haben dabei vor allem den Zusammenhang zwischen einer Impfung und Herzmuskelentzündungen bei Jugendlichen und jungen Männern angeschaut.
Die SIKO-Empfehlung weicht nunmehr von der Haltung der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts ab. Diese empfiehlt bislang eine Impfung nur für 12- bis 17-Jährige, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung haben. Sachsen hat als einziges Bundesland eine eigene Impfkommission.
Druck aus Politik empört STIKO-Mitglied
Ungeachtet des massiven Drängens führender Politiker plant die STIKO offensichtlich vorerst keine neue Empfehlung zu Corona-Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. Solche Forderungen empörten ihn, sagte Kommissionsmitglied Martin Terhardt dem Sender RBB. Er äußerte die Erwartung, dass es eine neue STIKO-Empfehlung in dieser Sache erst in einigen Wochen geben werde.
Bisher sei die Datenlage noch nicht ausreichend, um eine Corona-Schutzimpfung für die 12- bis 16-Jährigen allgemein zu empfehlen, bekräftigte Terhardt die bisherige Haltung der STIKO. Diese rät zu solchen Impfungen von Jugendlichen und älteren Kindern bislang nur in Risikofällen. Ansonsten solle individuell nach ärztlicher Beratung entschieden werden.
"Das erzürnt uns"
"Wir sind ja schon einiges gewöhnt in den letzten Wochen, dass halt die Politiker auf der STIKO herumschlagen, weil sie das Gefühl haben, sie würde nicht vernünftig oder nicht professionell arbeiten", sagte Terhardt dem RBB weiter. "Das erzürnt uns, das empört uns, das entwertet uns und das schadet dem Vertrauen der Ständigen Impfkommission, und das finde ich einen groben Fehler", kritisierte er.
In den vergangenen Wochen hatten sich wiederholt führende Politikerinnen und Politiker trotz der zurückhaltenden Linie der STIKO für die Impfung von älteren Kindern und Jugendlichen ausgesprochen, seit die Europäische Arzneimittelagentur EMA die Impfstoffe erst von Biontech/Pfizer und kürzlich auch von Moderna für diese Altersgruppe ausdrücklich zugelassen hat. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn äußerte die Hoffnung auf eine hohe Impfbereitschaft bei Jugendlichen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble forderte die STIKO in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ausdrücklich auf, ihre Impfempfehlung entsprechend zu ändern
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP