Haute Couture statt NikabSaudi-Arabien lüftet den Schleier für Mode

In Saudi-Arabien lockert der Kronprinz die strikten Vorschriften für Frauen. Erstmals dürfen Veranstalter zu einer Modewoche in die Hauptstadt einladen. Auf der Gästeliste stehen international bekannte Designer - das Publikum ist allerdings ausschließlich weiblich.
In der Hauptstadt des konservativ-muslimischen Königreichs Saudi-Arabien hat die erste Damenmodewoche des autoritär regierten Landes Premiere gefeiert - allerdings ohne Kameras und vor einem rein weiblichen Publikum. Beobachter werten die viertägige Veranstaltung in Riad dennoch als politisches Signal und als Beleg für eine weitere Öffnung: Kronprinz Mohammed bin Salman strebt tiefgreifende Gesellschaftsreformen an.
Angereist sind internationale Modestars wie Jean Paul Gaultier und Roberto Cavalli. Die Modenschau ist für das Land tatsächlich ein Novum: In Saudi-Arabien gilt eine besonders strenge Auslegung des Islam, die Frauen in der Öffentlichkeit ein strikte Kleiderordnung vorschreibt. Außerhalb der eigenen vier Wände muss sich die weibliche Hälfte der Bevölkerung bislang fast komplett verhüllt in schwarze Nikabs kleiden. Der strenge Schleierzwang begrenzt den Spielraum für modische Extravaganz erheblich.
Allerdings sei das Königreich mitnichten eine Modewüste, wie die Ehrenpräsidentin des Arabischen Moderats, Prinzessin Nura bint Faisal al-Saud, zum Auftakt der Damenmodewoche betonte. "Mode stieß immer schon auf Interesse in Saudi-Arabien", sagte die Prinzessin. "Wir versuchen, die Modeindustrie hier auf ein ganz neues Niveau zu heben."
"Arab Fashion Week" im Ritz Carlton
Auf der "Arab Fashion Week" im Ritz-Carlton-Hotel von Riad können modebewusste saudische Frauen die neusten Kollektionen begutachten und - bei Bedarf - auch sofort erwerben. Neben internationalen Fashion-Größen werden auch die Arbeiten beliebter einheimischer Modeschöpferinnen gezeigt - zu den Modestars in Saudi-Arabien zählen Designerinnen wie Arwa Banawi und Maschael al-Radschhi. Im Vorfeld war auch von Effekten für den arabischen Arbeitsmarkt die Rede. Im Mittleren Osten könnte eine erstarkende Modeindustrie Jobs für bis zu 20 Millionen Frauen schaffen, hieß es.
Zuletzt zeichneten sich in Saudi-Arabien mehrere Erleichterungen für den weiblichen Bevölkerungsanteil ab. Ab Juni etwa dürfen Frauen selbst Auto fahren. Zudem sollen sie künftig ohne Erlaubnis eines Mannes Unternehmen gründen dürfen. Im Januar durften Frauen zum ersten Mal in der Geschichte des Landes auch Fußballspiele live im Stadion mitverfolgen.
Kronprinz Mohammed bin Salman stellte kürzlich sogar eine grundsätzliche Lockerung der strengen Bekleidungsvorschriften für Frauen in Aussicht. Die Erleichterungen für Frauen sind Teil eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierungsprogramms. Dessen erklärtes Ziel ist es, den Anteil der Frauen am Arbeitsmarkt von derzeit 22 Prozent auf mehr als 30 Prozent im Jahr 2030 zu steigern.