Panorama

Blindgänger hält Dresden in AtemSenioren trifft Evakuierung besonders hart

24.05.2018, 15:04 Uhr
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Mehr als 100 Senioren schlafen in der Notunterkunft auf Feldbetten. (Foto: picture alliance / Sebastian Kah)

Die Entschärfung einer Fliegerbombe in Dresden misslingt. Seit zwei Tagen harren Hunderte Anwohner in einer Notunterkunft aus. Darunter sind über 100 Senioren, die ihre Pflegeeinrichtungen verlassen mussten.

Die Rettungskräfte verteilen Frühstück oder helfen Älteren bei der Tabletteneinnahme: Nach der missglückten Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Dresden harren rund 400 Menschen den zweiten Tag in einer Notunterunterkunft auf dem Messegelände aus. Darunter sind über 100 Senioren, die ihre Pflegeeinrichtungen verlassen mussten, nachdem der Blindgänger am Dienstag in der Nähe der Dresdner Innenstadt gefunden worden war.

Die Stimmung sei "durchwachsen", sagt Carsten Löwe vom Brand- und Katastrophenschutzamt Dresden. Für die vielen älteren Menschen in der Notunterkunft sei die Evakuierungsaktion eine erhebliche Belastung. Die Rettungskräfte und das Pflegepersonal geben ihr Bestes, die Situation so erträglich wie möglich zu machen. "Ich erlebe das Pflegepersonal als sehr motiviert und aufgeräumt", sagt Notarzt Ralph Kipke. Die medizinische Versorgung laufe reibungslos. Die Bedingungen seien schwierig - die Senioren schlafen in der Notunterkunft auf Feldbetten.

Nicht alle hätten ihre Medikamentenliste dabei. Mittlerweile seien einige auch ungeduldig und wollten nach Hause zurück. Sollte das aber nicht so schnell klappen, sind die Helfer gerüstet. "Wir bereiten uns darauf vor, dass wir zur Not auch noch einen weiteren Tag hier bleiben können", sagt Kipke.

Keine Routine-Entschärfung

Am Vorabend war es beim Versuch, die Bombe zu entschärfen, zu einer Explosion gekommen. Nach Polizeiangaben gelang es gegen 23.08 Uhr zunächst, den Zünder per Fernsteuerung herauszudrehen. Aber dann kam es zum Funkenflug, Dämmmaterial ging in Flammen auf. Ein Teil der Bombe detonierte.

Der 91 Jahre alte Manfred Leuteritz gehört zu den Altenheim-Bewohnern, die ihre Zimmer verlassen mussten. Er ist seit Mittwoch in der Notunterkunft. "Ich habe die Nacht sehr gut überstanden", sagt er. Die Betreuung sei hervorragend gewesen. So habe er in der Nacht mehrmals Hilfe gebraucht, und es sei immer jemand ansprechbar gewesen. Das Pflegepersonal gebe sich eine riesengroße Mühe. Sie müssten sich alle in Geduld üben, so schnell gehe es mit der Entschärfung vermutlich einfach nicht voran. Aber es hofften natürlich alle, dass es bald vorbei sei. Derweil versuchen die Helfer, den Menschen die Zeit zu vertreiben. Leuteritz sitzt mit anderen Senioren in einem Stuhlkreis, ihnen werden Geschichten vorgelesen. Andere machen Gymnastik unter Anleitung. Viele lesen auch Zeitung.

Bombenentschärfungen sind in Dresden keine Seltenheit. Die Stadt war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach von britischen und amerikanischen Bombern zerstört worden. Ein Teil der Munition blieb als Blindgänger im Boden und taucht bis heute bei Bauarbeiten auf. Der aktuelle Einsatz ist aber keine Routine-Entschärfung.

Quelle: Kristin Kruthaup, dpa

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