Panorama

Kind starb in Zahnarztpraxis Skrupelloser Narkosearzt muss für mehrere Jahre ins Gefängnis

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Der Angeklagte, hier neben seinem Anwalt, ist schon vorbestraft.

Der Angeklagte, hier neben seinem Anwalt, ist schon vorbestraft.

(Foto: IMAGO/rheinmainfoto)

Ein vierjähriges Mädchen stirbt an einer Sepsis, weil ein Arzt ihr ein verunreinigtes Narkosemittel gespritzt hat. Der Fall in einer hessischen Zahnarztpraxis sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Der Mann wird für diese und andere Taten nun verurteilt.

Ein Narkosearzt ist vom Frankfurter Landgericht unter anderem wegen Totschlags an einem Mädchen zu einer Haftstrafe von zehneinhalb Jahren verurteilt worden. Bei den Fällen der drei überlebenden Kinder handle es sich um versuchten Totschlag durch Unterlassen, sagte die Vorsitzende Richterin bei ihrer Urteilsbegründung. Einen Tod der Kinder habe der heute 67-Jährige zwar nicht beabsichtigt, jedoch billigend in Kauf genommen. "Er hatte wohl gehofft, wenn auch ohne begründeten Anlass, dass alles gut gehen würde." Der Anästhesist nahm das Urteil ohne äußerliche Regung auf.

Der Deutsche hatte in einer Zahnarztpraxis in Kronberg (Hochtaunuskreis) im September 2021 insgesamt vier Kindern verunreinigtes Narkosemittel gespritzt sowie weitere eklatante Hygienefehler begangen. Die kleinen Patienten erlitten eine Blutvergiftung, das vierjährige Mädchen starb in der Nacht auf dem Zahnarztstuhl.

Trotzdem wiegelte der in Bensheim lebende Mann an den folgenden Tagen die Nachfragen der besorgten Eltern der drei weiteren Kinder ab und sagte zu der Zahnärztin, man solle "nicht so eine große Welle machen". Schließlich brachten die Eltern ihre Kinder trotzdem in die Klinik, ein Junge und ein Mädchen überlebten nur knapp. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Wie die "Hessenschau" berichtet, bleibe der bereits erlassene Haftbefehl ausgesetzt, der Mann sei also vorläufig auf freiem Fuß.

Staatsanwältin erkennt "Verdeckungsabsicht"

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Anästhesist die betroffenen Patienten nach der Narkose nicht richtig überwacht und dann trotz ihres desolaten Zustands nach Hause geschickt. Er habe die Kinder nicht in eine Klinik einweisen lassen, um seine Fehler zu überdecken. Bei rechtzeitiger medizinischer Behandlung hätte das damals vier Jahre alte Todesopfer überlebt.

Dass er der Zahnärztin sagte, es solle keine "große Welle" gemacht werden, sage "schon alles über seine Verdeckungsabsicht", so die Staatsanwältin. "Die Nichtalarmierung brachte ihm Zeit." Denn als Arzt sei ihm klar gewesen, dass sich Sepsis-Erreger im Körper im Laufe der Zeit immer schwerer nachweisen ließen. Außerdem sei die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass der Praxismüll und damit wichtige Beweismittel nicht mehr hätten gesichert werden können.

Der Narkosearzt ist wegen der fahrlässigen Tötung einer erwachsenen Patientin im Jahr 2019 bereits vorbestraft. Zudem meldeten sich im Laufe des Prozesses weitere ehemalige Patienten. So hatte eine Frau im November 2020, also zehn Monate vor den nun angeklagten Taten, nach einer von ihm gelegten Narkose ein Multiorganversagen erlitten. Sie soll ebenfalls nur knapp überlebt haben.

Mittlerweile befindet sich der Anästhesist und Notfallmediziner im Ruhestand. Im Rahmen des Strafprozesses hat er zugesagt, an die Familie des verstorbenen Mädchens 20.000 Euro zu zahlen.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa

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