Verstoß gegen Abfindungsvertrag? Springer verklagt Reichelt auf Millionensumme
24.04.2023, 15:45 Uhr
Julian Reichelt bestreitet die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe energisch.
(Foto: picture alliance/dpa/APA)
Der einstige "Bild"-Chefredakteur scheint im Axel-Springer-Konzern längst eine Persona non grata zu sein. Das liegt nicht nur an den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen. Der geschasste Blattmacher soll auch gegen Vereinbarungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber verstoßen haben. Der bittet ihn nun zur Kasse.
Der Medienkonzern Axel Springer hat seinen früheren "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt angezeigt. Ein Springer-Sprecher teilte mit, dass der Konzern gegen Reichelt eine Strafanzeige wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht habe. Darüber hinaus wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Von der Staatsanwaltschaft Berlin hieß es am frühen Nachmittag, dass noch kein Anzeigeeingang verzeichnet sei.
Reichelts Anwalt teilte auf Nachfrage zur Strafanzeige wie auch zu einer am selben Tag bekannt gewordenen Klage des Konzerns gegen Reichelt vor dem Arbeitsgericht mit, eine Klage liege weder seinem Mandanten noch ihm selbst vor. "Die offenbar gegenüber Medien erfolgte gezielte Verlautbarung einer solchen Klageeinreichung, noch bevor eine Zustellung dieser Klage an meinen Mandanten erfolgt ist, betrachten wir als entlarvenden und zugleich untauglichen Einschüchterungs- und Ablenkungsversuch", erklärte der Anwalt.
Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur von Deutschlands größter Boulevardzeitung räumen und den Konzern verlassen. Hintergrund seines Karriere-Endes bei "Bild" waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen. Der Journalist selbst hatte später von einer "Schmutzkampagne" gegen ihn gesprochen und Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Reichelts Anwalt teilte erst kürzlich mit: Nicht nur gegen Reichelt erhobene Vorwürfe, sondern auch die Durchführung der konzerninternen Untersuchung und der Umgang des Konzerns mit den Vorwürfen und dem Thema Machtmissbrauch generell bedürften einer "völlig neuen Bewertung".
Vertraulichkeit, Interna und Abwerbeverbot
Neben der Strafanzeige verlangt Springer auch Geld von seinem früheren "Bild"-Chefredakteur Reichelt zurück und zieht dazu vor Gericht. Der Fall liegt beim Arbeitsgericht Berlin. Eine Gerichtssprecherin sagte, es gehe bei der Klage um die Rückzahlung einer Abfindung, die beim Weggang Reichelts vereinbart worden sei. Zudem fordere der Konzern auch die Zahlung einer Vertragsstrafe. Es handele sich bei der Klage um eine Millionensumme. Sie sei am 20. April bei Gericht eingegangen. Der nächste Schritt sei, einen Gütetermin festzusetzen, hieß es weiter. Ein Springer-Sprecher sagte hierzu: "Zu laufenden juristischen Verfahren äußern wir uns nicht."
Wie der "Spiegel" berichtet, verfolgt der Springer-Konzern Zahlungsansprüche gegen Reichelt, die aus einem im Herbst 2021 geschlossenen Abwicklungsvertrag resultieren. Darin sind neben einer Millionenabfindung für den geschassten Chef demnach auch diverse Pflichten geregelt, die augenscheinlich im Kontext der Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurden.
Der Konzern ist dem Bericht zufolge offenbar der Auffassung, Reichelt habe mehrere dieser Pflichten missachtet: So soll er unter anderem gegen Vereinbarungen zur Vertraulichkeit sowie zur Herausgabe und Löschung interner Daten verstoßen haben. Auch ein Abwerbeverbot habe Reichelt in seinem Abwicklungsvertrag offenbar zugesagt. Später soll er sich nicht daran gehalten haben. Mehrere frühere Springer-Redakteure und -Mitarbeiter arbeiten heute für Reichelts Medien-Startup "Rome Medien GmbH".
Quelle: ntv.de, fzö/dpa