SUV-Unfall mit vier Toten Staatsanwaltschaft fordert Bewährungsstrafe
02.02.2022, 16:12 Uhr
Der Unfallort am 6. September 2019
(Foto: dpa)
Der Unfall ruft bundesweit Bestürzung hervor: Wegen eines epileptischen Anfalls verliert ein Mann im Jahr 2019 die Kontrolle über seinen SUV. Vier Menschen sterben, unter ihnen ein kleiner Junge. Der Oberstaatsanwalt spricht sich für eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe aus.
Nach dem Tod von vier Fußgängern bei einem Unfall in der Berliner Innenstadt hat die Staatsanwaltschaft eine Strafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung gefordert. Der angeklagte Unternehmer sei der fahrlässigen Tötung in vier Fällen sowie der Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig zu sprechen, sagte Oberstaatsanwalt Dirk Klöpperpieper vor dem Berliner Landgericht. Der Mann habe wegen einer strukturellen Epilepsie und einer Gehirnoperation nur einen Monat vor dem Unfall nicht am Steuer des schweren Wagens sitzen dürfen. Mit einem Urteil wird am 17. Februar gerechnet.
Der SUV des inzwischen 45-Jährigen war bei dem Unfall am 6. September 2019 von der Invalidenstraße über die Gegenfahrbahn hinweg abgekommen. Das Auto hatte eine Ampel gerammt, sich mehrfach überschlagen und dabei Fußgänger auf dem Gehweg erfasst. Vier Menschen starben - unter ihnen ein dreijähriger Junge.
Staatsanwalt: Beschuldigter hätte sich informieren müssen
Der Angeklagte habe wegen eines epileptischen Anfalls verkrampft und das Gaspedal des sehr schnellen Wagens voll durchgetreten, so Klöpperpieper in seinem Plädoyer. Der Beschuldigte "hätte auf gar keinen Fall fahren dürfen", betonte der Oberstaatsanwalt. "Bei der Vorgeschichte hätte er sich informieren müssen, ob er fahrtauglich ist." Zwar seien die ärztlichen Risikobelehrungen unzureichend und zum Teil nicht eindeutig gewesen. Doch ein Verkehrsteilnehmer müsse sich eigenverantwortlich über seine Fahrtauglichkeit informieren.
Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn erklärt, er habe im Mai 2019 erstmals einen epileptischen Anfall gehabt. Mit einer Operation und mit einer Medikation habe er danach alles getan, um einen zweiten Anfall auszuschließen. Die Verteidigung hatte zuletzt Zweifel an Angaben eines Arztes geäußert. Der Mediziner habe die Patientenakte des 45-Jährigen nach dem Unfall hinsichtlich einer angeblichen Risiko- und Sicherheitsaufklärung ergänzt und auch manipuliert, erklärte ein Anwalt.
Der Angeklagte hatte im Oktober vergangenen Jahres sein Bedauern über den Unfall und die Folgen geäußert. Er sprach in einer von ihm verlesenen Einlassung von einem "schrecklichen, ganz traurigen Unglück". Der Unfall hatte 2019 für große Empörung und eine Debatte über die Zulässigkeit von SUVs in Innenstädten gesorgt. Unter anderem die Grünen und verschiedene Organisationen forderten damals Maßnahmen gegen die Nutzung der Fahrzeuge.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP