Weltweit bekannte BautenStar-Architekt Frank Gehry ist tot

Frank Gehry prägt mit seinen Entwürfen die Architektur der jüngsten Zeit wie kaum ein Zweiter. Zuletzt ist der 96-Jährige angeschlagen. Er erliegt schließlich einer Atemwegserkrankung.
Der US-amerikanische Architekt Frank Gehry ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Das teilte seine Büroleiterin Meaghan Lloyd mit. Sie sagte, er starb an einer kurzen Atemwegserkrankung. Die "New York Times" (NYT) bezeichnete Gehry als "eines der beeindruckendsten und originellsten Talente in der Geschichte der amerikanischen Architektur".
Gehry gehörte zu den berühmtesten und begehrtesten Architekten weltweit. Auf der ganzen Welt stehen seine Gebäude, darunter der Neue Zollhof in Düsseldorf, das Vitra Design Museum in Weil am Rhein, die Art Gallery of Ontario in Toronto, die Dwight-D.-Eisenhower-Gedenkstätte in Washington sowie Wohngebäude unter anderem in Prag, New York und vielen anderen Städten.
Gehrys Gebäude zeichnen sich meist durch glitzernde, silberne Formen aus. "Ich habe gegen alles rebelliert", sagte er 2012 der "New York Times" und erklärte so seine Abneigung gegenüber kargen, flachen, modernistischen Formen. "Ich könnte in so einem Haus nicht leben", sagte Gehry der Zeitung. "Ich müsste nach Hause kommen, meine Kleidung waschen und ordentlich aufhängen. Ich fand das snobistisch und verweichlicht. Es passte einfach nicht ins Leben." 1989 gewann Gehry schließlich den renommierten Pritzker-Architekturpreis.
Auf den ersten Blick wirken seine Bauten, als seien sie aus einer Parallelwelt mit anderen Schwerkraft-Gesetzen gefallen. Schimmernd und glitzernd biegen sie sich mit Titan-Hüllen in den Himmel. Gehrys postmoderne Bauweise begeisterte von Beginn an, weil sie den von der Designschule Bauhaus propagierten Gestaltungsgrundsatz "Form Follows Function" ins Gegenteil verkehrte: Form muss, wie Gehry zeigte, keineswegs der Funktion folgen. Die Form selbst kann einen Bau beherrschen und für sich Wirkung entfalten.
"Bilbao-Effekt" geht auf Gerry zurück
So auch beim Guggenheim-Museum (1997) im spanischen Bilbao und der Disney Concert Hall (2003) in Kalifornien, die zu Gehrys berühmtesten Projekten zählen. Die Fragmente dieser Gebäude wirken einzeln betrachtet unorganisiert und chaotisch und folgen doch einem Rhythmus.
Das spanische Guggenheim - ein dekonstruktivistisches, funkelndes Wunderwerk aus Glas, Titan und Kalkstein - ist bis heute beliebtes Touristenziel und begeistert auch Menschen, die sich sonst weniger für Architektur interessieren. Architekt Philip Johnson bezeichnete es als "das großartigste Gebäude unserer Zeit". Wegen der vielen Kultur-Pilger war bald vom "Bilbao-Effekt" die Rede.
20 bis 30 Modelle baute Gehry für jedes Projekt eigener Aussage zufolge. Er zerknitterte Pappe oder zerriss Papier und klebte die Fetzen zusammen. Aus der ständigen Suche nach Wegen, um diese komplexen geometrischen Gebilde günstig und stabil in die Welt zu setzen, entstand Gehrys eigene Technologiefirma für Design-Software. Die erstbeste Idee zu verwenden oder nicht die bestmögliche Leistung abzuliefern, sei "nicht fair", sagte er einst. Und der Star-Architekt riet dazu, alle Projekte gleich zu behandeln: "Egal wie klein ein Projekt auch sein mag, behandle es, als sei es das wichtigste."
Auch kleinere Projekte nahm er ernst: 1977 gestaltete er sein zweistöckiges Haus im traditionellen Bungalow-Stil bei Los Angeles: Dabei zerlegte er das Gebäude bis auf den Rahmen und ummantelte es mit Maschendrahtzaun und Wellblech. Das Haus wirkte, als sei es explodiert. Bald baute Gehry weltweit, etwa den Fisch-Pavillon zu den Olympischen Spielen in Barcelona (1992), die Cinémathèque Francaise in Paris (1994) und das Tanzende Haus in Prag (1996).
Wie jeder große Künstler hatte auch Gehry einige Kritiker, die seine Bauten als sündhaft teure Spielereien eines Egozentrikers abtaten, der nur eine große Show hinlegen wolle. "98 Prozent dessen, was auf unserer Welt gebaut und entworfen wird, ist pure Scheiße", sagte Gehry 2014, als ein Journalist ihm diese Kritik vortrug - und hob den gestreckten Mittelfinger. "Es gibt keinen Sinn für Design oder Respekt für die Menschheit oder sonst etwas", kritisierte er. So exzentrisch und ausladend wie Gehrys Bauten konnte der Mann eben manchmal auch selbst sein.
Familie führte Gehry zur Architektur
Geboren wurde Gehry 1929 im kanadischen Toronto als Sohn jüdischer Einwanderer aus Polen. Als Teenager zog die Familie nach Los Angeles weiter, wo Gehrys Vater und auch er selbst Jobs als Lastwagenfahrer annahmen. Bevor Gehry Architekt wurde, hatte er auch im Eisenwarenladen seines Großvaters Regale aufgefüllt. Dies weckte schließlich seine "Liebe zu Alltagsmaterialien", wie Gehry sagte.
Ein weiteres prägendes Erlebnis war Gehrys Angaben zufolge ein wöchentliches Fischgericht, dass seine Großmutter zubereitete. Sie kaufte dafür stets frischen Fisch auf einem Markt. "Wir setzten ihn in die Badewanne und ich spielte einen Tag lang mit dem Fisch, bis sie ihn tötete und daraus gefüllten Fisch machte", sagte er im Interview der NYT. Dies veranlasste ihn zu Fischmotiven in seinen Bauten. Charakteristisch sind geschwungene Formen und die schuppenartige silberne Farbe.
Auf einer Abendschule, wo er den Abschluss nachmachte, entdeckte ein Lehrer sein Interesse für Architektur und unterstützte ihn. In den 1960er Jahren gründete Gehry dann sein eigenes Architektur-Studio in Los Angeles und bekam erste Aufträge. Auch im hohen Alter hatte Gehry bis zuletzt weiter an Entwürfen und Projekten gearbeitet.
Seine letzten Werke waren die Stiftung Louis Vuitton in Paris, die 2014 fertiggestellt wurde, der Pierre-Boulez-Saal der Barenboim-Said-Akademie in Berlin aus 2017 und ein Jahr später das Hauptgebäude des LUMA Kunst- und Kulturcampus' in Arles, Frankreich. Zuvor wirkte Gehry von 2012 bis 2015 auch am Facebook-Campus in der US-Stadt Menlo Park mit.