Anwohner-Spende als Bestechung? Chefs lassen Traumurlaub von Straßenreiniger platzen
13.08.2024, 16:01 Uhr Artikel anhören
Straßenreinigung ist ein harter Job.
(Foto: picture alliance / ZB)
Weil er eine so gute Arbeit leistet und sie mit Elvis und seiner positiven Ausstrahlung begeistert, wollen die Bewohner eines Londoner Stadtteils einem Straßenreiniger einen Traum erfüllen. Doch dessen Chef macht den Urlaubsplänen einen Strich durch die Rechnung.
Seit sieben Jahren reinigt Paul Spiers bei jedem Wetter die Straßen in Beckenham im Londoner Stadtbezirk Bromley. Oft wird er dabei von Songs von Elvis Presley begleitet, die aus einem tragbaren Musikgerät schallen. Bei den Anwohnerinnen und Anwohnern ist der 63-Jährige sehr beliebt. Als Dank für seine tadellose Arbeit sammelten sie 3000 Pfund, damit Spiers sich seinen großen Traum erfüllen kann: Er möchte Sommerurlaub in Portugal machen.
Doch seine Chefs verbieten Spiers, die Spende anzunehmen. Laut den Regeln des Unternehmens Veolia, für das Spiers arbeitet, sei es Mitarbeitenden nicht erlaubt, "über ihr reguläres Gehalt hinaus Geldgeschenke oder Anreize anzunehmen". Das berichtet Lisa Knight auf der von ihr eingerichteten GoFundMe-Seite.
Spiers werde "von allen verehrt", habe "mit seiner positiven Ausstrahlung die Stimmung aller gehoben" und die Straßen in einem tadellosen Zustand gehalten, wird Knight vom "Guardian" zitiert. Knight, die nach Elvis' Tochter Lisa Marie benannt ist, lernte den 63-Jährigen über ihre gemeinsame Elvis-Leidenschaft kennen.
Spiers erzählte ihr, dass er bisher erst ein einziges Mal im Ausland gewesen sei. Zusammen mit seinem Bruder und seiner Schwester habe er seinen 60. Geburtstag in Portugal gefeiert. Und er wünsche sich sehr, dort noch einmal hinreisen zu können, müsse vorher aber noch sparen. Da kam Knight die Idee, eine Spendenseite für den Straßenreiniger einzurichten.
Erst überwältigt, dann schockiert
Mehr als 200 Menschen aus Beckenham spendeten Geld, um Spiers eine wohlverdiente Auszeit in Portugal zu ermöglichen. Aktuell sind bereits etwas über 3000 Pfund zusammengekommen, meist in Form von kleinen Beträgen von 5 oder 10 Pfund.
Spiers war laut Knight "überwältigt, wie freundlich die Menschen sind", heißt es im "Mirror". "Als ich ihm von den ersten 200 Pfund erzählte, weinte er. Als ich ihm vom Rest erzählte, weinte er wieder."
Damit Spiers nicht in Schwierigkeiten gerät, setzte sich Knight mit Veolia in Verbindung und informierte das Unternehmen über die Spendenkampagne. "Ich war schockiert, als sie sagten, er könne das Geld nicht annehmen", zitiert der "Guardian" die Anwohnerin. "Sie sagten, es könnte als Bestechung angesehen werden." Spiers selbst habe die Nachricht gut verkraftet. Er liebe seinen Job und wolle ihn nicht verlieren. "Ich hoffe nur, dass Veolia seine Meinung ändern wird", ergänzt Knight.
"Was für ein Blödsinn!"
Die Anwohnerinnen und Anwohner von Beckenham sind verärgert, dass Spiers das gesammelte Geld nicht bekommen darf. Auf der Facebook-Seite der "Beckenham Appreciation Group" schreibt ein User: "Bei dem Geld handelt es sich eindeutig nicht um eine 'Bestechung' oder einen 'Anreiz' irgendeiner Art; es ist ein Geschenk der dankbaren Bürger von Beckenham. Was für ein Blödsinn!" Ein anderer schrieb: "Schenken Sie es ihm, kaufen Sie es und fügen Sie seinen Namen hinzu. Die Welt ist verdammt verrückt geworden!!!"
Sogar der Labour-Abgeordnete für Beckenham schaltete sich ein. In einem auf X veröffentlichten Brief bringt Liam Conlon sein Unverständnis zum Ausdruck und fordert den Stadtrat auf, einen "vernünftigen Ansatz" zu wählen, um es Spiers zu ermöglichen, das Geldgeschenk der Gemeindemitglieder annehmen und seinen Urlaub in Portugal genießen zu können.
Bisher sieht es allerdings nicht so aus, als würde Veolia einlenken. Ein Sprecher erklärte: "Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung und Anerkennung, die die Gemeinde Paul entgegenbringt, der zusammen mit einem fleißigen Straßenreinigungsteam einen fantastischen Job macht, um Bromleys Straßen sauber zu halten." Das Unternehmen wolle eine ähnliche Summe des gesammelten Betrags an eine von Spiers ausgewählte Wohltätigkeitsorganisation spenden. Außerdem solle der 63-Jährige zum "Bromley-Mitarbeiter des Viertels" ernannt werden. Laut "Mirror" ist die Auszeichnung mit einer nicht näher genannten finanziellen Belohnung verbunden, die allerdings weit unter den 3000 Pfund liegen soll.
Quelle: ntv.de, kse