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Übergriffe in St. Michael Studie arbeitet Vorwürfe gegen einstiges Ratzinger-Internat auf

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Eine Studie untersucht die Vorwürfe von Gewalt gegen Seminaristen in den 60er bis 80er Jahren in St. Michael.

Eine Studie untersucht die Vorwürfe von Gewalt gegen Seminaristen in den 60er bis 80er Jahren in St. Michael.

(Foto: picture alliance/dpa)

In St. Michael in Traunstein bildet die katholische Kirche Priester aus - von einer regelrechten Kaderschmiede ist die Rede. Die Bedingungen für die Seminaristen vor Ort sind aber alles andere als gut. Es soll über Jahrzehnte zu Missbrauch von Minderjährigen gekommen sein. Eine Studie soll diese nun aufarbeiten.

Körperliche Übergriffe, systematische, psychische Gewalt - und Fälle sexuellen Missbrauchs: Im Studienseminar St. Michael in Traunstein, das lange als katholische Kaderschmiede galt, soll es über Jahre zu Misshandlungen von Kindern und Jugendlichen gekommen sein. Eine Studie arbeitet die Fälle in dem Internat, in dem auch der spätere Papst Benedikt XVI., Joseph Ratzinger, einst untergebracht war, nun auf.

Es geht um "körperliche, psychische und spirituelle Gewalt gegen minderjährige Seminaristen", wie das Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik mitteilt, das die Untersuchung leitet. Im Fokus stehen dabei die 1960er, 70er und 80er Jahre.

Nach ersten Interviews mit Betroffenen stehen den Angaben zufolge auch "vereinzelt Berichte sexualisierter Gewalt durch Erwachsene gegen Minderjährige" im Raum, "die im Umfeld des Studienseminars ausgeübt wurde". Hilfe für die Opfer gab es nach ersten Erkenntnissen nicht.

Druck und körperliche Züchtigung

"Es sind einzelne Schüler ausgewählt worden von entsprechenden Pädagogen und sind dann psychisch unter Druck gesetzt worden, körperlich gezüchtigt worden", sagt der heutige Leiter des Studienseminars, Wolfgang Dinglreiter.

"Das war ja eine Priesterschmiede." Ein früherer Direktor habe "den Anspruch gehabt, möglichst viele Priester rauszubringen". Und wenn dann einer der Jungen sich dagegen entschied - und beispielsweise nicht Griechisch belegte - "dann hat er die fallen lassen", sagt Dinglreiter. "Oder wenn jemand eine Freundin bekommen hat, dann hat der Stress bekommen, dann wurden Lügengeschichten erzählt."

Seminarist berichtet von Lügen über ihn

So erging es auch Georg Rieperdinger, der Ende der 1970er Jahre an das Studienseminar kam und heute noch weinen muss, wenn er an die Zeit denkt. Sein damaliger Direktor habe ihn systematisch fertiggemacht, berichtet er im Interview.

Der Priester habe die Lügen verbreitet, Rieperdinger habe mit Drogen zu tun und seine damalige Freundin, die es nach Angaben des ehemaligen Seminaristen gar nicht gab, in einen Selbstmordversuch getrieben. Der mutmaßliche Grund auch hier: Rieperdinger entschied sich gegen die griechische Sprache und damit auch gegen eine Priesterlaufbahn.

Erste konkrete Hinweise auf Fehlverhalten in dem Studienseminar wurden 2020 öffentlich, nachdem ein Betroffener sich an die "Süddeutsche Zeitung" gewandt hatte. Es folgten ein von der Erzdiözese München und Freising veranstalteter Gesprächsabend für ehemalige Seminaristen - und jetzt der Aufruf des Frankfurter Instituts an Betroffene, sich dort zu melden. Die Studie wird von der Erzdiözese finanziert, erste Ergebnisse sollen im Herbst 2026 vorliegen.

Quelle: ntv.de, als/dpa

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