Prozessauftakt in Dresden Täter waren bei Einbruch in Grünes Gewölbe bewaffnet
28.01.2022, 14:52 Uhr
Über Monate wird sich der Prozess in Dresden wegen des Einbruchs ins grüne Gewölbe erstrecken.
(Foto: picture alliance/dpa/AFP Pool)
Die Tat sorgt weltweit für Aufmerksamkeit: Im November 2019 brechen mehrere Männer ins Grüne Gewölbe in Dresden ein und stehlen 21 historische Schmuckstücke. Der ideelle Wert ist wohl unermesslich. In der sächsischen Landeshauptstadt versucht ein Gericht nun, die Ereignisse zu rekonstruieren.
Mehr als zwei Jahre nach dem spektakulären Juwelendiebstahl aus dem Historischen Grünen Gewölbe in Dresden hat vor dem Landgericht der sächsischen Landeshauptstadt der Prozess gegen sechs mutmaßliche Täter begonnen. Die Angeklagten hätten bei dem Einbruch "einzigartige und unersetzbare Schmuckstücke" gestohlen, sagte Staatsanwalt Christian Weber bei der 20-minütigen Verlesung der Anklage. Die mutmaßlichen Täter seien dabei bewaffnet gewesen. Den Beschuldigten im Alter von 22 bis 28 Jahren werden unter anderem schwerer Bandendiebstahl und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen. Die Männer waren bei mehreren Razzien in Berlin gefasst worden.
"Die Tat war gezielt vorbereitet", sagte der Staatsanwalt. Die Angeklagten, die alle dem einschlägig bekannten Berliner Remmo-Clan angehören und Deutsche sind, hätten sich Waffen besorgt, den späteren Tatort ausspioniert und Autos mit falschen Kennzeichen verwendet. Mehrere Tage vor dem Einbruch hätten sie ein historisches Gitter am Residenzschloss, in dem sich das Grüne Gewölbe befindet, aufgeschnitten und so präpariert, dass zwei der Angeklagten - Mohamed R. und Wissam R. - am frühen Morgen des 25. November 2019 dort eindringen konnten.
In einem Ausstellungszimmer schlugen sie demnach mit 56 Axtschlägen auf eine Vitrine ein und rissen Schmuckstücke "von überragender kulturhistorischer Bedeutung" heraus, sagte Weber. Nach der Tat setzten sie eines der Fluchtautos in einer Tiefgarage in Brand und verursachten damit Schäden an mehr als 60 anderen Autos. Durch das Feuer hätten sie in Kauf genommen, dass Menschen in den darüber liegenden Wohnungen gesundheitlich zu Schaden kommen, sagte der Staatsanwalt.
6 Angeklagte, 14 Verteidiger, 65 Bände
Bei dem Einbruch wurden insgesamt 21 Schmuckstücke mit 4300 Diamanten aus dem frühen 18. Jahrhundert mit einem geschätzten Versicherungswert von mindestens 113,8 Millionen Euro gestohlen. Von der Beute fehlt bislang jede Spur. Für Hinweise, die zum Auffinden des Schmucks führen, sind insgesamt anderthalb Millionen Euro Belohnung ausgesetzt. Keiner der Angeklagten ließ sich bisher zu den Tatvorwürfen ein. Der Prozess findet in einem Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Dresden statt. Es sind zunächst Termine bis Ende Oktober angesetzt.
Die Hauptakte zu dem Fall umfasst 65 Bände, und auch wegen der Zahl der Verfahrensbeteiligten ist es ein besonderer Prozess: 14 Verteidiger - Anwälte aus Dresden, Leipzig, Berlin, Hannover und Hamburg -, drei Staatsanwälte, Vertreter der Jugendgerichtshilfe und Dutzende Zeugen. DNA-Spuren aus Autos und vom Tatort, Videos, Daten und Zeugenaussagen stützen der Staatsanwaltschaft zufolge den ermittelten Ablauf der Tat.
Am ersten Verhandlungstag waren noch keine Zeugen geladen. Zunächst ging es um mehrere Anträge, unter anderem um Zulassung von Rechtsvertretern des Freistaats Sachsen als Nebenkläger. Darüber soll bis zur kommenden Woche entschieden werden. Zudem beantragte die Verteidigung von Mohamed R. und Abdul R., das Verfahren gegen die beiden zur Tatzeit Heranwachsenden abzutrennen. Die Anwälte verwiesen dabei auf den erzieherischen Gedanken des Jugendstrafrechts.
1,5 Millionen Euro Belohnung ausgesetzt
Diesem widerspreche auch, dass der Prozess "unter dem stigmatisierenden Label der Clankriminalität" geführt werde, sagte einer der Anwälte. Wegen der beiden Heranwachsenden wird auch vor der Jugendkammer des Landgerichts verhandelt. Zwei der Angeklagten verbüßen wegen der Beteiligung am Diebstahl einer zwei Zentner schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum im Jahr 2017 derzeit bereits mehrjährige Jugendstrafen. Die anderen vier Beschuldigten sitzen in Untersuchungshaft.
Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, hofft, dass der gestohlene Schmuck wieder auftaucht. "Wir gehen davon aus, dass diese Stücke eigentlich unverkäuflich sind", sagte sie im Bayerischen Rundfunk. Es gebe bisher auch "keinerlei Hinweise auf Verkäufe auch nur einzelner Teile oder Zerstörungen" der Stücke. Die Initiative privater Kunstfreunde in Höhe von einer Million Euro für Hinweise, die zum Auffinden der entwendeten Schmuckstücke führen, wurde vorerst bis Ende März verlängert, wie die Staatsanwaltschaft Dresden mitteilte.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa