Panorama

Kleiderspenden zweckentfremdet? "Team Wallraff" undercover beim Roten Kreuz

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Tausende Kleidercontainer des Roten Kreuzes stehen in Deutschland und werden regelmäßig mit gebrauchten Klamotten befüllt. Doch nur ein Bruchteil aller Spenden landet bei Bedürftigen. Mit einer verdeckten Recherche geht das "Team Wallraff" der Frage nach, was mit den Pullis und Hosen geschieht.

Wer seine aussortierten Kleider an das Deutsche Rote Kreuz (DRK) spendet, tut etwas fürs gute Gewissen. Allerdings deuten Undercover-Recherchen des "Teams Wallraff" darauf hin, dass ausrangierte Pullis und Hosen womöglich nicht bei den Bedürftigen landen, sondern in den Kleiderschränken der Ehrenamtlichen. Verdeckte Aufnahmen einer RTL-Reporterin in einer Einrichtung in Berlin zeigen, dass sich Mitarbeiter bei den Kleiderspenden bedienen, die eigentlich für Bedürftige vorgesehen sind. Der zuständige DRK-Kreisverband weist die Vorwürfe auf Anfrage zurück: "Wir machen den Spendern gegenüber stets transparent, wofür und wie wir die Spenden verwenden", schreibt der Verband an das "Team Wallraff".

Das Deutsche Zentralinstitut sozialer Fragen vergibt ein Siegel für spendenwürdige Organisationen. Geschäftsführer Burkard Wilke hält die mutmaßlichen Praktiken in der Berliner DRK-Kleiderkammer für "ein ganz fatales Signal": "Das sieht nach Selbstbedienungsmentalität aus, und das ist das letzte, was Ehrenamtliche dann eben auch bewirken wollen. Aus unserer Sicht sollen die Spenden, die als Kleiderspenden gegeben werden, ausschließlich für den gemeinnützigen Zweck der Organisation eingesetzt werden. Und an dem Punkt ist es dann eine zweifelhafte Spendenverwendung."

Millionen-Umsatz mit Altkleidern

In den DRK-Kleiderkammern und über die rund 25.000 Container in Deutschland werden jährlich 90.000 bis 100.000 Tonnen Altkleider gesammelt; rund die Hälfte davon ist noch tragbar. Allerdings werden laut DRK-Website nur 4000 bis 5000 Tonnen davon direkt an Bedürftige weitergegeben - der Rest wird verkauft. So auch der große Anteil an Textilien, die zu alt, fleckig oder zerrissen sind und deshalb nicht mehr getragen werden können: Diese werden aussortiert und kommen zu einer Firma, die Altkleider weiterverarbeitet - etwa zu Dämmstoffen oder Putzlappen.

Bis zu 30.000 Euro setzt den Recherchen zufolge alleine die Kleiderkammer in Berlin um, bei der die RTL-Reporterin undercover arbeitete. Hochgerechnet auf die 800 DRK-Kleiderkammern in Deutschland könnte sich der Umsatz auf geschätzte 16 Millionen Euro pro Jahr für aussortierte Kleider summieren. Auf Anfrage von "Team Wallraff" wollte das Rote Kreuz diese Zahl nicht bestätigen.

Auf seiner Website macht das DRK das Geschäft mit den Altkleidern allerdings transparent. Dort heißt es, das Rote Kreuz generiere "durch den Verkauf der Überschüsse freie Mittel für soziale Projekte. Jedes Jahr können wir somit ehrenamtliche Projekte beispielsweise im Katastrophenschutz, im Jugendrotkreuz oder in der Altenhilfe fördern. Diese Einnahmen sind eine wichtige Quelle zur Finanzierung unserer Arbeit."

Geeignet für den Ernstfall? Notfall-Knopf des DRK

Ob der DRK-Hausnotruf hält, was er verspricht, erkundet Günter Wallraff verkleidet als gebrechlicher Rentner, der nach einer Operation sturzgefährdet ist. Der Notfall-Knopf soll 400.000 Abonnenten in Deutschland eigentlich schnell kompetente Helfer vermitteln. Das Rote Kreuz berechnet für den Service 45 Euro im Monat.

Bei einem ersten Gespräch mit Mitarbeitern der DRK Hausnotruf-Zentrale Köln wird klar: Rettungssanitäter sind die Menschen, die zu den Einsätzen fahren, nicht. Stattdessen seien sie mit Hilfsmitteln wie etwa Hebekissen ausgestattet, um gestürzten Patienten wieder aufzuhelfen, wie die DRK-Mitarbeiterin erzählt. Doch in der Beratung wird etwas anderes vermittelt: Beim Hausnotruf arbeiten nur Menschen, die Erfahrung mit Notfällen haben. Nachts stehe genügend gut ausgebildetes Personal zur Verfügung.

Die Sendung "Team Wallraff - Reporter undercover" läuft um 20.15 Uhr auf RTL und im Livestream bei TVNOW.

Quelle: ntv.de, mau

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