Senatorin für "Femizid" Tod von Afghanin löst "Ehrenmord"-Streit aus
08.08.2021, 19:23 Uhr
Demonstrationsplakat zum internationalen Frauentag in Berlin.
(Foto: www.imago-images.de)
Nach dem gewaltsamen Tod einer jungen Afghanin streitet die Berliner Politik darüber, ob die Tat als "Ehrenmord" bezeichnet werden darf. Die Integrationssenatorin plädiert für "Femizid". Der CDU-Spitzenkandidat ist empört und wirft der Linken-Politikerin Verharmlosung und Realitätsleugnung vor.
Nach der Tötung einer 34-jährigen Afghanin mutmaßlich durch ihre Brüder gibt es in Berlin Streit über den Begriff "Ehrenmord". Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach von den Linken lehnt es ab, nach dem Tod von Maryam H. von einem "Ehrenmord" zu sprechen. Laut den Ermittlern soll die junge Frau wegen ihrer westlichen Lebensweise gestorben sein, die ihre Brüder nicht gebilligt haben. "In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das ist kein Ehrenmord, das ist Femizid", sagte die Linken-Politikerin dem "Tagesspiegel". Breitenbach fügte hinzu: "Und ich habe leider keine Idee, wie man Männer besser integrieren kann. Es geht nicht um die Herkunft und die Nationalität der Täter, es geht um die Frage des Geschlechts."
Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte am Freitag mitgeteilt, dass zwei Brüder in Alter von 22 und 25 Jahren ihre Schwester "aus gekränktem Ehrgefühl" ermordet haben sollen: Die Mutter von zwei Kindern war geschieden, soll einen neuen Partner gehabt haben, sich geschminkt, westlich gekleidet und kein Kopftuch getragen haben. Die Verdächtigen sollen die Leiche in einem Koffer mit dem Zug nach Bayern transportiert und sie dort bei Neuburg an der Donau vergraben haben. Die Brüder sitzen in Untersuchungshaft.
Der CDU-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhaus-Wahl, Kai Wegner, übte scharfe Kritik an der Einschätzung der Integrationssenatorin: "Solche Antworten sind ein Teil des Problems. Frau Breitenbach leugnet die Realität, um ihr brüchiges Weltbild zu stabilisieren. Wer die religiös-kulturellen Hintergründe von sogenannten Ehrenmorden abstreitet, schützt die Täter und lässt die Opfer im Stich. Wir brauchen aber eine Kultur des Hinsehens. Bei der Unterdrückung von Frauen im Namen einer vermeintlichen Ehre brauchen wir null Toleranz", ließ er sich im Tagesspiegel zitieren.
Überwachungskameras ausgewertet
Anders als Breitenbach zeigte sich Wegner überzeugt, dass sich Gewalt gegenüber Frauen bekämpfen lasse. Wer aus Ländern mit archaischen Ehrvorstellungen in Deutschland um Schutz ersuche, solle in verbindlichen Integrationskursen die Grundlagen des Zusammenlebens vermittelt bekommen, sagte Wegner dem Blatt. "Jeder, der zu uns kommt, muss wissen: Die Gleichberechtigung der Geschlechter, die Religionsfreiheit, die sexuelle Selbstbestimmung und das Eintreten für den Schutz jüdischen Lebens sind unverhandelbar. Die Kurse müssen mit einer verbindlichen Integrationsvereinbarung abgeschlossen werden."
Die 34-Jährige galt zunächst als vermisst. Jedoch habe es aus dem persönlichen Umfeld der zweifachen Mutter schnell Hinweise darauf gegeben, dass sie Opfer eines Tötungsverbrechens geworden sein könnte. In Zusammenarbeit mit den bayerischen Polizeibehörden stießen die Ermittler am Donnerstag auf eine Frauenleiche. Die Staatsanwaltschaft teilte am späteren Freitagnachmittag nach der Obduktion mit, dass es sich bei der bei Neuburg an der Donau gefundenen Leiche um die Schwester der Verdächtigen handle. Weitere Einzelheiten zum Tötungsdelikt machte die Behörde aber nicht. Der Verdacht gegen die beiden Brüder gründet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft unter anderem auf der Auswertung von Videoaufnahmen der Überwachungskameras eines Berliner Fernbahnhofes, von Funkzellendaten sowie auf Aussagen von Zeugen.
Quelle: ntv.de, mau