Vertuschungsvorwürfe in Peru Der Papst verbindet schon jetzt die Kontinente
09.05.2025, 02:44 Uhr Artikel anhören
Frauen mit einem Foto von Robert Prevost im peruanischen Chiclayo, in seiner früheren Diözese.
(Foto: AP)
Leo XIV. ist ein weiterer Papst, der durch sein Wirken in Südamerika aufsteigt: In den USA geboren, war er jahrzehntelang in Peru tätig. In Armenvierteln und abseits der Städte. Die Amerikas verbindet er schon. Nun soll er es in der ganzen Welt tun. Doch aus Peru und von einem Verband für Missbrauchsopfer kommen Vorwürfe.
Wenn das neue Oberhaupt der katholischen Kirche bestimmt wird, wählen die Kardinäle einen, der die Katholiken der ganzen Welt verbinden soll. Dafür hat Robert Prevost gute Voraussetzungen. Leo XIV. ist nicht nur der erste US-amerikanische Papst. Er ist auch peruanischer Staatsbürger und damit nach seinem Vorgänger Franziskus, der aus Argentinien kam, der zweite Pontifex aus Südamerika. Schon das ist ein Signal.
Seinen Weg an die Spitze der Kirche hatte Prevost in Peru begonnen. In dem südamerikanischen Land verbrachte er 20 Jahre, erst als Missionar, dann als Priester, Lehrer und als Bischof der peruanischen Stadt Chiclayo im Nordwesten. Er musste die peruanische Staatsbürgerschaft annehmen, um dieses Amt ausüben zu dürfen. Ohnehin hat er den größten Teil seines Lebens außerhalb seines Geburtslands, den USA, verbracht.
"Ein Brückenbauer zwischen dem Globalen Norden und Globalen Süden" nennt das deutsche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat entsprechend Leo XIV. Mit ihm werde "dem US-Präsidenten ein Amerikaner gegenübergestellt, der das Gegenteil von Donald Trump repräsentiert: Er baut Brücken und keine Mauern", teilte Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier mit: "Er steht auf der Seite der Armen und Ausgegrenzten."
Vorwürfe der Vertuschung
In Peru besuchte Prevost als Bischof zwischen 2015 und 2023 häufig weit entfernte Gemeinden, schon davor hatte er immer wieder in Armenvierteln gearbeitet. Er bezog dabei Laien in die Sozialarbeit ein, sagte Yolanda Díaz, Lehrerin und Mitglied der Kirche in Chiclayo, der "New York Times": "Anstatt pastorale Arbeit als etwas zu betrachten, bei dem Menschen in die Kirche gehen, wollte er, dass die Kirche zu den Menschen geht", wird sie zitiert. In Peru bezeichnen sich drei Viertel der Bevölkerung als Katholiken.
Doch gegen den neuen Papst gibt es auch Vorwürfe aus seiner Zeit in Südamerika. Drei Frauen bezichtigten ihn, Missbrauchsfälle in seiner peruanischen Diözese vertuscht zu haben. Sarah Pearson, die Sprecherin des Opferhilfsnetzwerks SNAP ("Survivors Network of those Abused by Priests"), äußerte sich in einer Mitteilung angesichts Prevosts Wahl "tief besorgt" darüber, wie er Missbrauchsfälle in der Vergangenheit behandelt habe.
Die Opfer hätten ihre Fälle der Diözese in Chiclayo angezeigt, schreibt Pearson im Namen der Organisation. Die Frauen bezichtigten Prevost, weder eine Ermittlung eingeleitet noch die Informationen nach Rom geschickt oder die beiden beteiligten Priester diszipliniert zu haben. Prevost bestritt die Vorwürfe, die Diözese wies sie zurück. Am 25. März reichte SNAP im Namen der Opfer die Vorwürfe auch in Rom ein. Eine Antwort hätten sie nicht erhalten, schreibt Pearson.
Opfer fordern vom neuen Papst "null Toleranz"
Der peruanische Investigativjournalist Pedro Salinas bezeichnete die Vorwürfe gegen Prevost vor wenigen Tagen in einem Interview als haltlos. Demnach sei dies eine Kampagne des ultrakonservativen Flügels in der katholischen Kirche, die Prevost als potenziellen Papst diskreditieren wollten. Der sei ihnen zu fortschrittlich. "Er hat die Opfer von Missbrauch stets in den Mittelpunkt gestellt", meinte Salinas.
Der Journalist selbst war Mitglied der ultrakonservativen peruanischen Kongregation Sodalicio, die er jedoch verließ und jahrelang in sexuellen Missbrauchsfällen über sie recherchierte. Anfang des Jahres löste Papst Franziskus sie wegen ihrer Vergehen auf. Es ist der größte öffentlich bekannte Missbrauchsskandal der peruanischen Kirche.
Erst im Januar 2024 wurde Prevost von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt. SNAP ruft ihn nun dazu auf, als Papst Leo XIV die "Missbrauchskrise zu beenden". Sie fordern einen Entschädigungsfonds für Opfer, eine Null-Toleranz-Politik im kirchlichen Recht und eine innerkirchliche Behörde, die diese Regeln überwacht und durchsetzt.
Wie auch immer der neue Papst dieses Thema angehen wird: Die Tatsache bleibt, dass er schon jetzt die Kontinente verbindet. Der ein US-Amerikaner mit peruanischer Staatsbürgerschaft ist, wie Franziskus kein reiner Theologe. Sondern einer, der weiß, wie wichtig die Rolle der Kirche dort ist, wo die Armut omnipräsent ist. Weil er selbst dort gearbeitet hat. Bislang war Prevost auf zwei Kontinenten bekannt und aktiv. Für Leo XIV. kommen fünf hinzu.
Quelle: ntv.de