Panorama

Angst vor beruflichen Nachteilen Viele Nahost-Forscher betreiben Selbstzensur

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Propalästinensische Studierende der Humboldt-Uni demonstrieren in Berlin.

Propalästinensische Studierende der Humboldt-Uni demonstrieren in Berlin.

(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Eine Umfrage unter Forschern an deutschen Unis bringt ein Problem zutage. Viele sehen die Wissenschaftsfreiheit durch den Nahostkonflikt bedroht. Teilnehmer berichten von Selbstzensur und Sorge vor öffentlicher Anfeindung.

Der Gaza-Krieg nach den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober 2023 hat einer Studie zufolge massive Auswirkungen auf den akademischen Alltag in Deutschland. 85 Prozent der Nahost-Forscherinnen und -Forscher hierzulande sehen einer aktuellen Studie zufolge die Wissenschaftsfreiheit durch den Konflikt bedroht, wie der "Tagesspiegel" berichtet.

Drei Viertel berichten von Selbstzensur, fast ein Viertel traut sich nicht mehr, die eigene Meinung offen zu äußern, heißt es in der aktuellen Untersuchung der Freien Universität Berlin. Besonders betroffen seien jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie prekär Beschäftigte.

Am häufigsten wird demnach Kritik an Israel oder Solidarität mit Palästina vermieden - aus Angst vor öffentlicher Anfeindung. "Das Bedürfnis zur Selbstzensur ist eindeutig dort am größten, wo es um Kritik an Israel und Solidarität mit Palästina geht, obwohl die Mehrzahl diesen Protesten positiv gegenübersteht", sagte Projektleiter Jannis Julien Grimm dem "Tagesspiegel". Es gebe jedoch auch Forscher, die Zurückhaltung bei Unterstützungsbekundungen für die israelische Politik übten.

Er kenne keine Kollegen, die zu Themen mit Nahostbezug arbeiten, die nicht in irgendeiner Form betroffen seien, so Grimm weiter. Dazu gehören demnach Selbstbeschränkung, Hate-Mails, Einschüchterungen oder berufliche Nachteile. Die größte Sorge besteht dabei im öffentlichen Umgang mit den eigenen Aussagen.

Zugleich zeigt die Befragung größere Differenziertheit als die öffentliche Debatte: Über 90 Prozent befürworten einen Waffenstillstand und den Schutz jüdischen Lebens, mehr als 80 Prozent lehnen einen akademischen Boykott Israels ab. Grimm forderte Universitäten auf, Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit aktiv entgegenzutreten.

Befragt wurden gezielt Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die zu Israel oder Palästina forschen oder lehren. Wegen der gezielten Befragung und der geringen Rücklaufquote - 2100 Personen wurden zur Befragung eingeladen, 477 nahmen teil - ist laut Studienautoren eine gewisse Verzerrung nicht ausgeschlossen. Die Befunde würden sich jedoch mit Referenzstudien aus den USA decken.

Quelle: ntv.de, toh

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