Fragen und Antworten Was in Schorndorf geschah
17.07.2017, 16:14 UhrDie Hamburger Krawalle zum G20-Gipfel sitzen den Deutschen noch in den Knochen, da wird die Polizei erneut von einer gewaltsamen Menschenmenge überrumpelt. Diesmal in Schorndorf bei Stuttgart. Was wir wissen - und was nicht.
Nur eine Woche nach den Krawallen von Hamburg gibt es wieder Krawalle in Deutschland - diesmal steht eine Gruppe von bis zu 1000 jungen Männern im Fokus, die am Rande eines Volksfestes in Schorndorf randalierten. Auch zu sexuellen Übergriffen kommt es. Wieder muss ein Polizeichef einräumen, die Lage zeitweise nicht unter Kontrolle gehabt zu haben - besondere Brisanz hat der Fall, weil unter den jungen Männern auch Flüchtlinge waren. Was wir wissen - und was nicht:
Was genau ist vorgefallen?

Oberbürgermeister Klopfer und Polizeipräsident Eisele beantworten Fragen zur Krawallnacht.
(Foto: dpa)
Bei dem Volksfest "Schorndorfer Woche" in der gleichnamigen Stadt zwischen Stuttgart und Aalen versammeln sich in der Nacht zum Sonntag bis zu 1000 junge Leute im Schlosspark. Laut dem Aalener Polizeipräsidenten Roland Eisele war diese Menge zu einem großen Teil friedlich. Manche randalierten jedoch. So schleuderten Einzelne aus der Gruppe heraus Flaschen auf Polizisten, auf andere Festbesucher und an die Fassade des Schlosses. Als die Polizei einen Schläger festnehmen wollte, solidarisierten sich andere mit ihm und griffen die Beamten an. In der Nacht beobachteten Zeugen dann Gruppen von 30 bis 50 Männern, die durch die Stadt zogen. Diese seien teilweise mit Messern und Schreckschusspistolen bewaffnet gewesen.
Die Polizei spricht von einem "massiven Aggressionspotenzial". Zwei Polizeiautos seien mit Grafitti besprüht, ein weiteres durch einen Flaschenwurf beschädigt worden. Von sechs Autos seien die Kennzeichen gestohlen worden. Am Rande des Volksfestes kommt es auch zu sexuellen Übergriffen.
Wie viele sexuelle Übergriffe gab es?
Das ist noch unbekannt. Bislang ist die Rede von mindestens zwei sexuellen Übergriffen. Tatverdächtig ist in einem Fall ein 20-jähriger Iraker, im zweiten Fall stehen drei Afghanen zwischen 18 und 20 Jahren unter Verdacht. Sie haben um Asyl in Deutschland gebeten. Die drei jungen Männer sollen eine 17-Jährige begrapscht haben. Haftbefehle wurden bislang nicht erlassen. Es ist gut möglich, dass in den kommenden Tagen noch weitere Frauen zur Polizei gehen, um Belästigungen und Übergriffe zu melden. Laut Polizei standen die Übergriffe aber nicht im Zusammenhang mit der Menschenmenge im Schlosspark.
Wer hat sich da zusammengerottet?
Der Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer sagte dem SWR, zunächst hätten sich Abiturienten und Realschüler im Park versammelt. Dann sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppen gekommen. Erst gegen Mitternacht seien die Migranten dazugestoßen. Polizeipräsident Eisele sagte, ihr Anteil in der Menschenmenge sei nicht überdurchschnittlich gewesen. Ein Polizeisprecher hatte dem Lokalblatt "Welzheimer Zeitung" zuvor gesagt, der Anteil der Migranten habe unter 50 Prozent gelegen. Schorndorf hat 40.000 Einwohner und in den vergangenen Jahren rund 700 Flüchtlinge aufgenommen.
Wer die Flaschen auf die Polizisten geworfen hat, ist unklar - die Identität vieler Randalierer ist noch unbekannt. Es sei nicht möglich gewesen, die Flaschenwerfer aus der anonymen Masse heraus festzunehmen. Eisele sagte auch, dass die Randalierer alkoholisiert waren. Oberbürgermeister Klopfer sagte, dass viele Flüchtlinge beim Aufbau der Festkulissen geholfen hätten.
Wie reagierte die Polizei?
Eisele räumt ein, dass die Beamten die Lage nicht jederzeit unter Kontrolle hatten. Das habe daran gelegen, dass die Polizei nicht mit so einer Situation gerechnet hatte. Stattdessen sei man davon ausgegangen, dass die Sicherheitslage der der vergangenen Jahre ähneln würde.
Wie viele Beamte im Einsatz waren, wollte Eisele nicht verraten. Er sagte aber, dass deren Zahl noch in der Nacht verdoppelt wurde. Einsatzkräfte aus der Nachbarschaft wurden nach Schorndorf geschickt, um die Lage zu beruhigen. Eisele zufolge zogen sich die Beamten zunächst zurück, um dann mit der eintreffenden Verstärkung die Situation unter Kontrolle zu bringen. Er wies zurück, dass die Stadt im Ausnahmezustand gewesen sei. "Das ist für mich etwas anderes", sagte er.
Für die verbleibenden Festtage wurde die Zahl der Polizisten vor Ort "deutlich verstärkt". Oberbürgermeister Klopfer kritisierte die Polizei, dass sie den Schlosspark nicht wie in den vergangenen Jahren bereits um Mitternacht räumte.
Mit welchen Folgen müssen die Täter rechnen?
In der Nacht zum Samstag kam es zu mehreren Straftaten - darunter gefährliche Körperverletzung und sexuelle Belästigung. Gelingt es der Polizei, Tatverdächtige zu fassen, müssen sie mit Anzeigen rechnen. Der Frankfurter Rechtsanwalt Reinhard Marx sagte der "Welt", dass Asylsuchende vom Verfahren ausgeschlossen werden, wenn sie zu mindestens drei Jahren Haft verurteilt wurden. Bei schweren Gewalt- und Sexualdelikten reicht ein Strafmaß von einem Jahr aus. Dann müsse aber Leib und Leben des Opfers bedroht gewesen sein, zitiert die Zeitung einen Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
Quelle: ntv.de, vpe