Offene Fragen zu Absturz von Flug 9268Was wissen wir und was sind nur Gerüchte?

Was passierte mit Flug 9268? Zur Absturzursache des russischen Ferienfliegers kursieren die wildesten Gerüchte. Doch was gilt als gesichert? Was spricht für, was gegen einen Anschlag? Und warum schließen Russland und Ägypten einen Terrorakt so schnell aus?
Ist der Hergang der Katastrophe geklärt?
Nein. Fakt ist nur, dass der Airbus 23 Minuten nach dem Start im Badeort Scharm el Scheich über der Sinai-Halbinsel abstürzte. Ägyptische Behörden berichteten zunächst von einem Notruf der Crew. Doch der für zivile Luftfahrt zuständige ägyptische Minister dementierte: "Bevor das Flugzeug abstürzte, gab es nichts Ungewöhnliches", sagte Hossam Kamal auf einer Pressekonferenz, "es verschwand plötzlich vom Radar." Auch der Vizechef der Airline widersprach. Die Mannschaft sei zum Zeitpunkt der Katastrophe "vollständig handlungsunfähig" gewesen. Der Airbus habe in weniger als einer Minute massiv an Geschwindigkeit verloren und sei abgesackt. Russische Meteorologen schließen Wetterturbulenzen als Ursache aus: Zum Unfallzeitpunkt herrschten demnach gute Flugbedingungen.
Hat die Technik des Airbus versagt?
Die sibirische Fluggesellschaft Kogalymavia beteuert, dass die mehr als 18 Jahre alte Maschine technisch in Ordnung gewesen sei. Demnach wurden die Triebwerke am 26. Oktober getestet. Russischen Behörden zufolge, erhielt der in Irland registrierte Jet in diesem Jahr von den dortigen Behörden ein Lufttüchtigkeitszeugnis. Moskauer Medien zufolge wurde das Heck des Airbus jedoch vor 14 Jahren beschädigt. Demnach schlug die Maschine im November 2001 bei der Landung in Kairo mit dem Heck auf die Landebahn auf. Fachleute sprechen von einem Tailstrike. "Da biegt sich das Flugzeug einmal ganz kräftig, wo es sich eigentlich nicht biegen soll", erklärt der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt n-tv.de. Sollten bei der Reparatur Fehler gemacht worden sein, so könnten sich die jetzt gerächt haben. Dafür spricht, dass das Heck nach dem Absturz rund acht Kilometer vom restlichen Wrack entfernt gefunden wurde. Zudem wechselte die Maschine in den vergangenen Jahren mehrmals den Besitzer.
Wie läuft die Untersuchung ab?
Aufschluss über den Hergang des Absturzes erhoffen sich die Ermittler vom Flugschreiber und vom Stimmenrekorder. Die Black Boxes zeichnen mindestens die letzte halbe Stunde des Funkverkehrs der Piloten, ihre Gespräche untereinander und alle Geräusche im Cockpit und an Bord auf sowie in der Regel die Flugdaten der letzten 25 Stunden - von der Flughöhe über die Geschwindigkeit und den Kurs bis zu Angaben zu den Triebwerken. An den Ermittlungen sollen auch deutsche und französische Experten der Firma Airbus teilnehmen. Die Auswertung der Flugschreiber in Kairo dürfte laut Luftfahrtexperten Cordt Schellenberg etwa eine Woche dauern. Dann könnte man möglicherweise schon Dinge ausschließen.
Was steckt hinter dem Hitzeblitz?
Ein Satellit des US-Militärs soll zum Zeitpunkt des Absturzes eine ungewöhnliche Wärmeausstrahlung über dem Unglücksgebiet registriert haben. Der Hitzeblitz deute auf ein "katastrophales Ereignis" während des Fluges hin, zitierte CNN US-Regierungsvertreter. Ein Bombenanschlag sei eine mögliche Unglücksursache, allerdings könnte auch ein Triebwerk explodiert oder an Bord ein Feuer ausgebrochen sein. Einen Abschuss durch eine Rakete würden die US-Geheimdienste ausschließen.
Was spricht gegen einen Terrorakt?
Einen Abschuss mit einer Rakete durch den IS-Ableger schließen die meisten Spezialisten aus, weil die Extremisten im Norden der Sinai-Halbinsel nicht über die nötigen Waffen verfügen sollen. Denkbar wäre indes eine Explosion an Bord der Maschine, etwa einer in den Airbus geschmuggelten Bombe. Zuletzt befeuerten Aussagen der Fluggesellschaft Spekulationen um ein mögliches Fremdeinwirken. Zudem sollen einem Agenturbericht beim Absturz ungewöhnliche Geräusche an Bord aufgezeichnet worden sein. Doch Klarheit dürfte wohl erst die Auswertung der Flugschreiber bringen.
Was spricht für einen Anschlag?
Seit Beginn der russischen Luftangriffe gegen Rebellen in Syrien vor einem Monat, wächst in Moskau die Angst vor Terroranschlägen als Rache islamistischer Extremisten. Nach der Flugzeugkatastrophe hatte sich prompt ein Ableger der Miliz Islamischer Staat (IS) zu einem Anschlag auf das Flugzeug bekannt. Experten bestätigten die Echtheit dieser Mitteilung aber nicht.
Warum schlossen sowohl Russland als auch Ägypten so schnell einen Terroranschlag aus?
Ein Terrorakt mit 224 Opfern, den der IS aus Rache für den russischen Einsatz in Syrien verübt hätte, wäre für Russland fatal. Bislang verkauft Kreml-Chef Wladimir Putin den Militäreinsatz als sauberen Krieg ohne eigene Verluste. Auch für Ägypten, einem Land, das stark vom Tourismus abhängt, würde ein Terrorakt einen katastrophalen Image-Schaden bedeuten. Die Regierung in Kairo müsste zugeben, Teile des Landes nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Urlaubsflieger nicht abgeschossen, sondern sabotiert oder von einer Bombe an Bord zerstört wurde, müsste Ägypten schwere Sicherheitslücken eingestehen.