Panorama

Erdbeben in Italien Zahl der Toten könnte auf über 300 steigen

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Auch mehr als einen Tag nach dem Erdbeben in Italien sind die Ausmaße der Zerstörung noch immer kaum absehbar. Völlig unklar ist, wie viele Menschen sich in dem Katastrophengebiet überhaupt aufhielten.

Das jüngste Erdbeben in Italien könnte nach Einschätzung des Zivilschutzes mehr Menschenleben fordern als die Katastrophe 2009 in L'Aquila. Dort waren mehr als 300 Menschen getötet worden. Das Erdbeben in den mittelitalienischen Regionen Latium und Marken könnte, was die Opfer angeht, "noch schlimmere Dimensionen erreichen als jenes in L'Aquila", sagte Behördenchef Fabrizio Curcio dem Sender SkyTg24.

Bei dem Beben in L'Aquila waren am 6. April 2009 nach offiziellen Angaben 309 Menschen umgekommen. Die jüngsten Erdstöße am Mittwochmorgen rissen nach vorläufigen Angaben mindestens 241 Menschen in den Tod. Wieviele Menschen noch verschüttet sein könnten, war zunächst unklar - die Behörden konnten nach wie vor keine genauen Angaben zur Vermisstenzahl machen.

Obwohl seit Stunden kein Verschütteter mehr lebend geborgen wurde, rief der Zivilschutz am Donnerstag die Menschen auf, den Mut nicht zu verlieren. Er erinnerte daran, dass der letzte Überlebende nach dem verheerenden Erdbeben im nahegelegenen L'Aquila noch nach 72 Stunden gerettet werden konnte.

Das Beben hatte am frühen Mittwochmorgen im Gebiet zwischen den Regionen Latium, Marken und Umbrien mehrere Dörfer teilweise zerstört. Allein in der Region Latium gab es nach jüngsten Angaben des Zivilschutzes mindestens 190 Tote. In den Marken liege die Zahl der Getöteten bei 57. Der Bürgermeister des beliebten Ferienorts Amatrice, Sergio Pirozzi, sprach am Donnerstagmorgen von mehr als 200 Toten allein in seinem Dorf - eine offizielle Bestätigung gab es dafür aber zunächst nicht.

Bürgermeister sucht nach Dorfbewohnern

264 Verletzte wurden nach Angaben der Zivilschutzvertreterin Immocalata Postiglione in Krankenhäusern behandelt, einige von ihnen schwebten in Lebensgefahr. Hunderte Menschen verbrachten die Nacht in Zelten, ihren Autos oder bei Gastfamilien in weniger betroffenen Nachbarorten. Sie wurden von Dutzenden Nachbeben immer wieder aufgeschreckt. Eines von ihnen richtete am frühen Morgen weitere Schäden an.

Dass sich die Zahl der Vermissten kaum abschätzen lässt, liegt daran, dass sich die Einwohnerzahl in den vielen pittoresken Dörfern der Region während der Sommermonate verdrei- oder vervierfacht. Vor allem in das malerische Dorf Amatrice, das bei dem Erdbeben zu großen Teilen zerstört wurde, strömen im Sommer viele Bewohner der 150 Kilometer entfernten Hauptstadt Rom, um der Hitze in ihrer Stadt zu entfliehen. Nach wie vor unklar war unter anderem das Schicksal von 28 der 32 Gäste im komplett eingestürzten Hotel Roma.

Der Bürgermeister von Araquata del Tronto, Aleandro Petrucci, rief alle Bewohner seines Dorfs auf, sich zu melden, sollten sie woanders Unterkunft gefunden haben. In dem fast vollständig dem Erdboden gleichgemachten Weiler Pescara del Tronto leben normalerweise nur noch vier Familien. Wieviele es am Mittwoch waren, ist unklar - Schätzungen gehen von bis zu 300 Übernachtungsgästen aus.

Hilfe für Erdbebenschutz nicht angenommen

Regierungschef Matteo Renzi versprach bei einer Krisensitzung seines Kabinetts, den Wiederaufbau in der Erdbebenregion sofort in Angriff zu nehmen. Er habe die Lektion aus dem Drama von L'Aquila gelernt. Bei dem Beben in dem nur eine Autostunde entfernten L'Aquila waren 2009 mehr als 300 Menschen ums Leben kamen. Damals wurden vor allem die laxen Bauvorschriften kritisiert.

Nach der Katastrophe von L'Aquila hatte die Zivilschutzbehörde fast eine Milliarde Euro für die Nachrüstung von Gebäuden in Erdbebengebieten zur Verfügung gestellt. Wegen des mühsamen Antragsverfahrens wurden aber nur wenige Fördergelder abgerufen, sagen Kritiker. "Hier, mitten im Erdbebengebiet, wurde nie etwas getan", sagt Dario Nanni von der italienischen Architektenkammer. "Es kostet nicht viel, Gebäude erdbebensicher zu machen. Aber nur 20 Prozent der Gebäude hier entsprechen den Standards".

Quelle: ntv.de, mbo/dpa/AFP

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