Wer verdient wie viel?6,3 Millionen Menschen arbeiten für Niedriglohn

Jeder sechste Arbeitsplatz in Deutschland bringt nur vergleichsweise schmales Geld ein. Der Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor geht - anders als in den Vorjahren - nicht weiter zurück. Einzelne Branchen sind besonders betroffen.
Etwa jeder sechste Arbeitnehmer in Deutschland geht einer Beschäftigung im Niedriglohnsektor nach. Diese Kategorie umfasste zuletzt rund 6,3 Millionen Jobs, wie das Statistische Bundesamt auf Grundlage der neuesten Verdiensterhebung mitteilte. Die Beschäftigten in diesem Sektor erhielten demnach einen Bruttostundenlohn von höchstens 14,32 Euro.
Anders als in den Vorjahren geht der Niedriglohn-Anteil an allen Beschäftigungsverhältnissen nicht weiter zurück, sondern verharrt wie im Vorjahr unverändert bei 16 Prozent. In den Jahren zuvor war die Niedriglohnquote binnen einer Dekade von 21 Prozent im April 2014 auf den aktuellen Wert gefallen, wobei der stärkste Rückgang zwischen April 2022 und April 2023 zu beobachten war.
In diesem Zeitraum sank der Anteil der Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle an allen Beschäftigungsverhältnissen um 3 Prozentpunkte von 19 auf 16 Prozent. Eine mögliche Erklärung für den starken Rückgang in diesem Zeitraum sehen die Statistiker "im Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns in diesem Zeitraum von 9,82 Euro auf 12,00 Euro", wie es im Bundesamt hieß.
Der Rückgang des Niedriglohnsektors seit 2014 sei vor allem ein Erfolg des Mindestlohns, schätzt auch Dorothee Spannagel aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. "Er hat vielen Menschen mehr Geld in die Tasche beschert und Lohnungleichheiten verringert."
Dieser Effekt scheint sich zuletzt allerdings abgeschwächt zu haben. Die Wiesbadener Statistiker halten bei ihrer regelmäßigen Verdiensterhebung auch die Entwicklung bei der Lohnungleichheit im Blick. Definiert ist die Lohnspreizung über den Verdienstabstand zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen der unteren zehn Prozent auf der Lohnskala und den Löhnen der oberen zehn Prozent.
Das aktuelle Ergebnis: Der Abstand zwischen Geringverdienern und den sogenannten Besserverdienern hat sich zuletzt nicht weiter verringert. Die ermittelte Lohnspreizung blieb im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Auf die Stunde gerechnet erhielten die Besserverdienenden mit 39,65 Euro das 2,95-fache Entgelt der Geringverdienenden, die auf durchschnittlich 13,46 Euro kamen.
Werte wie die Niedriglohnschwelle sind nicht in Stein gemeißelt: Das jeweilige Niveau berechnen die Statistiker aus dem mittleren Bruttostundenverdienst aller abhängig Beschäftigten in Deutschland. Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, für die es weniger als zwei Drittel des Durchschnittsstundenlohns gibt, Sonderzahlungen nicht eingerechnet. Auszubildende bleiben in der Erhebung ebenfalls außen vor. Der maßgebliche Durchschnittslohn lag 2025 bei 21,48 Euro pro Stunde brutto (Medianwert), die Niedriglohnschwelle bei 14,32 Euro. 2024 hatte sie bei 13,79 Euro gelegen.
Große Unterschiede bestehen bei den Niedriglohnquoten zwischen den einzelnen Branchen. Im Gastgewerbe zum Beispiel bewegt sich aktuell gut die Hälfte aller Beschäftigungsverhältnisse (51 Prozent) im Niedriglohnsektor. Weit überdurchschnittlich war der Niedriglohnanteil auch in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (45 Prozent) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (36 Prozent).
Ganz anders sieht es demnach in der öffentlichen Verwaltung aus. Dort entfallen aktuell nur rund 2 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse auf den Niedriglohnbereich. Abgesehen vom öffentlichen Dienst profitieren offenbar auch Fachkräfte mit Spezialwissen von der Entwicklung. Im Sektor "Wasser, Abwasser und Beseitigung von Umweltverschmutzungen" verzeichnet die amtliche Statistik nur einen Anteil von 6 Prozent Niedriglohnjobs - ebenso wie in den Bereichen "Erziehung und Unterricht" und "Finanz- und Versicherungsbranche".