Rebellenvormarsch in Äthiopien Addis Abeba bereitet sich auf Krieg vor
02.11.2021, 18:08 Uhr
Luftangriff auf die Hauptstadt der Region Tigray. USA werfen der Regierung Verletzungen der Menschenrechte vor.
(Foto: picture alliance/dpa/UGC/AP)
Die Lage in Äthiopien spitzt sich zu. Vor wenigen Tagen melden die Tigray-Rebellen die Einnahme von zwei strategisch wichtigen Städten, die Angst vor einem Marsch auf Addis Abeba wächst. Die Behörden in der Hauptstadt rufen die Bevölkerung zu den Waffen. Im gesamten Land herrscht jetzt Ausnahmezustand.
Angesichts des Vormarschs der Rebellen aus der Unruhe-Region Tigray hat die Regierung in Äthiopien einen landesweiten Ausnahmezustand verhängt. Das berichteten staatliche Medien. Die Rebellengruppe TPLF hatte im Konflikt mit der Armee in den vergangenen Tagen zwei strategisch wichtige Städte eingenommen und Befürchtungen vor einem Marsch auf die Hauptstadt Addis Abeba geweckt.
Die Behörden der Hauptstadt riefen die Bevölkerung zuvor bereits auf, eventuell vorhandene Waffen registrieren zu lassen und sich darauf vorzubereiten, gegebenenfalls ihre Stadtviertel zu verteidigen. Am Wochenende hatte die TPLF die Einnahme der beiden strategisch wichtigen Städte Kombolcha und Dessie in der Provinz Amhara gemeldet, was die äthiopische Regierung dementierte.
"Der Ausnahmezustand soll Zivilisten vor den von der Terroristenorganisation TPLF begangenen Gräueltaten beschützen", berichteten die Staatsmedien. Die äthiopische Regierung hatte der TPLF am Montag vorgeworfen, in Kombolcha Hunderte junge Einwohner regelrecht hingerichtet zu haben.
USA streichen Handelsvorteile für Addis Abeba
Derweil gab die US-Regierung bekannt, ein wichtiges Handelsabkommen mit der Regierung in Addis Abeba kündigen zu wollen. US-Präsident Joe Biden warf der Regierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed "schwerwiegende Verletzungen international anerkannter Menschenrechte" vor. Äthiopien wird deswegen zum 1. Januar 2022 aus einem als AGOA bezeichneten Mechanismus geworfen, der Ländern im südlichen Afrika den zollfreien Export zahlreicher Güter in die USA erlaubt, wenn sie sich guter Regierungsführung, freier Marktwirtschaft und Menschenrechten verpflichten. Auch die afrikanischen Staaten Guinea und Mali werden wegen der dortigen Militärputsche von der Liste der Länder gestrichen, die von solchen Handelsvorteilen profitieren, wie das Weiße Haus mitteilte.
Der Konflikt zwischen der äthiopischen Regierung und der TPLF dauert seit fast einem Jahr an. Die Regierungstruppen hatten im November 2020 die in Tigray regierende TPLF angegriffen, nach Regierungsangaben als Reaktion auf Attacken der TPLF auf Armeestellungen. Die teils heftigen Kämpfe haben sich mittlerweile auch auf benachbarte Regionen wie Amhara ausgedehnt.
Durch die Kämpfe wurden bislang fast zwei Millionen Menschen vertrieben. Es gibt immer wieder Berichte über Gräueltaten, darunter Massaker und Massenvergewaltigungen. Die Region Tigray ist weitgehend vom Rest der Welt abgeschnitten. Die Versorgungslage gilt als katastrophal, nach UN-Angaben leiden allein in Tigray 400.000 Menschen an Hunger.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP