Mansur in Polizeigewahrsam Al-Dschasira-Journalist wehrt sich
21.06.2015, 16:21 Uhr
In Ägypten ist Mansur in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.
(Foto: twitter.com/@misirbulenti)
In Berlin wird der bekannte Fernsehjournalist Ahmed Mansur festgenommen. Die Behörden reagieren offenbar auf ein entsprechendes Gesuch aus Ägypten. Linke und Grüne kritisieren das Vorgehen scharf.
Nach seiner Verhaftung in Berlin hat der Al-Dschasira-Journalist Ahmed Mansur die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als politisch motiviert zurückgewiesen. "Dieser Fall ist konstruiert", sagte der 52-Jährige in einer veröffentlichten Videobotschaft. Der Journalist mit ägyptischer und britischer Staatsbürgerschaft war am Samstag am Flughafen Tegel festgenommen worden. Ein Gericht in Ägypten hatte Mansur in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Mansur zählt zu den bekanntesten Journalisten in der arabischen Welt. Nach Angaben der Bundespolizei wurde er am Samstagnachmittag festgenommen, als er mit Qatar Airways nach Doha fliegen wollte. "Er befindet sich in Polizeigewahrsam. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ist mit der Rechtshilfefrage befasst", sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, der Nachrichtenagentur AFP.
Gegen Mansur liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Nach Angaben des katarischen Senders Al-Dschasira war er 2014 in Abwesenheit in Ägypten zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Mansur wurde für schuldig befunden, während der Proteste im Jahr 2011 auf dem Tahir-Platz in Kairo an der "Folter eines Rechtsanwalts" beteiligt gewesen zu sein. Die ägyptische Staatsführung sieht in Mansur einen Unterstützer der Muslimbrüder, die sie mit aller Härte verfolgt.
Al-Dschasira fordert Freilassung
Mansur selbst erklärte in einer zweiten Videobotschaft, er sei wegen "Vergewaltigung, Raub und Entführung" festgesetzt worden. Er warf den deutschen Behörden ein zweifelhaftes Vorgehen in dem Fall vor. Nach seinen Angaben wurde er auf Anweisung der deutschen Behörden "und nicht auf Grundlage eines von Interpol ausgestellten Haftbefehls" verhaftet. Der Sender Al-Dschasira forderte die Freilassung seines Mitarbeiters. Berlin dürfe sich nicht zum Komplizen der ägyptischen Behörden bei der Verfolgung von Medienmitarbeitern machen.
"Es gibt eine Äußerung von Interpol, den internationalen Haftbefehl nicht zu vollstrecken", sagte Mansurs Anwalt Patrick Teubner in Berlin. "Nichtsdestotrotz ist er von den deutschen Behörden vollstreckt worden." Sein Mandant betrachte die Vorwürfe als "politisch motiviert" und er vertraue darauf, "dass das hier entsprechend korrekt gehandhabt wird". Nach Angaben eines weiteren Anwalts Mansurs, Fazli Altin, soll ein Berliner Gericht am Montag über die Freilassung des Journalisten entscheiden.
In Ägypten droht ihm die Todesstrafe
Linke und Grüne kritisierten die Verhaftung des Journalisten. Die Rechtsstaatlichkeit in Ägypten stehe auf "tönernen Füßen - wenn man überhaupt von Rechtsstaatlichkeit sprechen kann", sagte Linken-Fraktionsvize Wolfgang Gehrcke dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Mansur dürfe keinesfalls ausgeliefert werden, da ihm in Ägypten die Todesstrafe drohe. Auch Grünen-Politikerin Franziska Brantner warnte vor einer Auslieferung. "Die Berliner Justiz darf sich unter keinen Umständen zum Erfüllungsgehilfen eines Willkürregimes in Kairo machen", erklärte die stellvertretende Vorsitzende der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe.
Die Beziehungen zwischen Katar und Ägypten sind äußerst angespannt. Kairo wirft Katar vor, die Muslimbrüder zu unterstützen. Die einflussreiche Islamistenorganisation war in Ägypten nach dem Sturz des Präsidenten Mohammed Mursi als Terrororganisation eingestuft und verboten worden. Hunderte ihrer Anhänger wurden in international kritisierten Massenprozessen zum Tode verurteilt. Ägypten betrachtete Al-Dschasira als Sprachrohr der Regierung in Katar. Mehrere Reporter des Senders wurden im vergangenen Jahr wegen angeblicher Unterstützung der Muslimbrüder zu Haftstrafen verurteilt. Ein australischer Journalist wurde in sein Heimatland abgeschoben, seine beiden ägyptischen Kollegen kamen auf freien Fuß, ihr Prozess wird neu aufgerollt.
Quelle: ntv.de, jki/AFP