"Krieg gegen den Islam" Al-Kaida nutzt Bannon als Kronzeugen
02.03.2017, 12:38 UhrEine Zeitung des Terrornetzwerks Al-Kaida zeigt den Chefstrategen von US-Präsident Trump, Stephen Bannon, auf ihrer Titelseite. Damit will sie belegen, dass der Westen einen Krieg gegen den Islam als Religion führt.
Stephen Bannon ist vermutlich der einflussreichste Berater von US-Präsident Donald Trump. Im vergangenen Jahr machte Trump den ehemaligen Chef der rechten Nachrichtenseite "Breitbart" zu seinem Wahlkampfchef, im Januar zu seinem obersten Strategieberater. Laut "Washington Post" ist Bannon derzeit Trumps mächtigster Mitarbeiter.
Doch Bannon ist noch mehr: Er wird vom Terrornetzwerk Al-Kaida für Propagandazwecke eingesetzt. Die Zeitung "Al-Masra", die als Sprachrohr des Al-Kaida-Ablegers auf der arabischen Halbinsel gilt, zeigt in ihrer aktuellen Ausgabe ein Bild von Bannon auf ihrer Titelseite. In der Überschrift dazu legt das Blatt Bannon ein Zitat in den Mund: "Wir sind im Krieg gegen den Islam als Religion und gegen die Muslime in Europa". Damit nutzt Al-Kaida Bannon als Kronzeugen für die Behauptung, der Westen bekämpfe nicht Terrorismus, sondern den Islam insgesamt.
Tatsächlich sieht Bannon den islamistischen Terrorismus, der sich bekanntlich auch gegen muslimische Staaten und Gesellschaften richtet, als Kampf der Kulturen. In Bannons Weltbild befindet sich der Westen "in einem offenen Krieg gegen den dschihadistischen islamischen Faschismus" beziehungsweise in den ersten Phasen eines "globalen Kriegs gegen den islamischen Faschismus", wie er 2014 den Teilnehmern einer konservativen Konferenz im Vatikan sagte.
"Wenn man sich die lange Geschichte des Kampfes des jüdisch-christlichen Westens gegen den Islam anschaut", sagte Bannon damals, "dann glaube ich, dass unsere Vorväter ihre Stellung gehalten haben, und ich denke, dass sie das Richtige getan haben. Ich denke, sie haben ihn [den Islam] aus der Welt gehalten, ob in Wien, in Tours oder anderswo." In der Nähe der französischen Stadt Tours besiegten die Franken im Jahr 732 ein arabisches Heer. 1683 versuchte das Osmanische Reich erfolglos, Wien zu erobern.
"Wirkungsvoller als jedes Video"
Der Verweis auf Bannon in dschihadistischen Medien zeige, wie eine durch Nationalismus geprägte Politik die Vorstellung unterstütze, dass der Westen und der Islam unvereinbar seien, schreibt der Journalist Justin Salhani im Blog ThinkProgress, der den US-Demokraten nahesteht. Dies sei "eine Position, die nicht nur vom Weißen Haus vorangetrieben wird, sondern auch von Gruppen wie Al-Kaida und ISIS", also der Terrormiliz Islamischer Staat.
Trumps neuer Sicherheitsberater H. R. McMaster hat dem Präsidenten daher geraten, künftig auf die Formulierung "radikaler islamischer Terrorismus" zu verzichten. Bislang hat Trump diesen Ratschlag nicht beherzigt. Im Gegenteil: Bei seiner Rede vor dem US-Kongress am Dienstagabend betonte er jedes einzelne dieser drei Wörter. Schon im Wahlkampf hatte Trump den damaligen Präsidenten Barack Obama und die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton immer wieder scharf dafür kritisiert, diesen Ausdruck zu vermeiden.
Die USA würden eindeutig zu einem wichtigen Ziel für islamistische Terrorgruppen, zitiert ThinkProgress die britische Orientalistin Elisabeth Kendall. Die USA seien auch vorher schon im Fokus von Islamisten gewesen, "aber auch viele andere Ziele wie Schiiten im Jemen, im Irak und sogar in Syrien". Trump habe dafür gesorgt, dass die Aufmerksamkeit militanter Dschihadisten für die USA steil angestiegen sei. Bereits Anfang Februar hatte Kendall festgestellt, dass die USA in der damals aktuellen Ausgabe von "Al-Masra" mehr als doppelt so häufig erwähnt wurden wie in der ersten Ausgabe vom Januar 2016.
Trumps erster, von Gerichten gestoppter Versuch, ein Einreiseverbot für die Bürger aus sieben muslimischen Staaten durchzusetzen, ging übrigens auf Bannon zurück. Dieses Einreiseverbot könne der islamistischen Propaganda nutzen, hatte ein ehemaliger Dschihadist CNN bereits Ende Januar gesagt. Damit könne man zeigen, dass es den USA um einen Krieg gegen den Islam und gegen alle Muslime gehe – und nicht um einen Krieg gegen den Terrorismus. Experten stimmten dieser Einschätzung zu. Charlie Winter, der am Londoner King's College zu dschihadistischer Propaganda forscht, sagte CNN, diese Politik sei "viel wirkungsvoller als jedes Video".
Quelle: ntv.de, hvo