Bei öffentlichem Auftritt Angreifer sticht Südkoreas Oppositionsführer nieder
02.01.2024, 08:10 Uhr Artikel anhören
Als der südkoreanische Oppositionsführer bei einem Besuch der Stadt Busan Fragen von Journalisten beantwortet, stürzt sich ein Mann auf ihn und verletzt ihn schwer. Der Angreifer wird festgenommen. Was sein Motiv ist, stellt die Ermittler bisher vor ein Rätsel.
Der Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Partei Südkoreas, Lee Jae Myung, ist bei einem Besuch in der südlichen Stadt Busan von einem Angreifer in den Hals gestochen worden. Er wurde zur Behandlung in ein Universitätskrankenhaus geflogen und sei bei Bewusstsein, teilten Parteimitglieder und Vertreter der Feuerwehr mit. Der südkoreanische Fernsehsender YTN berichtete, der Angriff habe bei Lee eine etwa einen Zentimeter lange Wunde verursacht. Die Verletzung sei nicht lebensgefährdend, heißt es bei der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap.
Der Angreifer war offenbar ein Mann in den 50er- oder 60er-Jahren, der eine Papierkrone mit Lees Namen trug, wie Nachrichtenfotos zeigten. Videoaufnahmen zeigen, wie sich der Mann dem von Reportern und Anhängern umringten Lee näherte und ihn um ein Autogramm bat. Dann stürzt er sich, so die Videoaufnahmen, plötzlich auf den Oppositionspolitiker. Der Angreifer gab sich den Berichten zufolge als Unterstützer des Chefs der Demokratischen Partei (DP) aus.
Jin Jeong-hwa, ein Lee-Anhänger, der die Veranstaltung per Livestream übertrug, sagte, es seien zwei Dutzend Polizeibeamte vor Ort gewesen. Der Angreifer wurde, so die Videoclips mehrerer Medien, von Männern, darunter auch Polizeibeamten, schnell überwältigt. Nach Angaben der Tageszeitung "Busan Ilbo" weigerte er sich, Fragen der Polizei nach seinen Motiven zu beantworten. Der Vorfall ereignete sich, als Lee Fragen von Journalisten nach dem Besuch einer Baustelle für einen neuen Flughafen auf der südöstlichen Insel Gadeok beantwortete. Womit der Täter zustach, ist bislang nicht bekannt. Yonhap berichtete von einer nicht näher identifizierten Stichwaffe, die etwa 20 bis 30 Zentimeter lang sei.
Lee Jae Myung unterlag knapp bei Wahlen
Der südkoreanische Präsident Yoon Suk Yeol hat den Angriff auf Lee laut einer Mitteilung des Präsidentenbüros als "unverzeihliche Tat" verurteilt. Er sei tief besorgt um Lee und habe die bestmögliche Behandlung für ihn angeordnet.
Der Vorfall ereignete sich wenige Monate vor der geplanten Parlamentswahl im April. Bei der Präsidentenwahl vor zwei Jahren unterlag Lee knapp dem rechtskonservativen Yoon. Lee hatte sich damals zum Ziel gesetzt, die Politik des stark gespaltenen Landes zu erneuern. Auch setzte er sich unter anderem für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ein.
Der damalige Wahlkampf wurde kurz vor der Wahl von einer Gewalttat gegen Lees Vorgänger Song Young Gil als Parteichef der DP überschattet. Song wurde von einem Mann mit einem festen Gegenstand auf den Kopf geschlagen. Song überlebte, erlitt aber Verletzungen. Im Mai 2006 wurde die damalige Oppositionsführerin und spätere Präsidentin Park Geun Hye bei einer Messerattacke im Gesicht verletzt.
Lee steht derzeit wegen angeblicher Bestechung im Zusammenhang mit einem Entwicklungsprojekt vor Gericht. Er hat jegliches Fehlverhalten bestritten und die Vorwürfe als "Fiktion" und "politische Verschwörung" bezeichnet. Lee ist seit August 2022 Vorsitzender der größten Oppositionspartei Südkoreas.
Quelle: ntv.de, hul/rts/dpa