Politik

"Gräueltat ausgerechnet an Silvester" Anschlag in Istanbul löst Entsetzen aus

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Das neue Jahr startet mit einem Anschlag: Hunderte Menschen feiern in einem der berühmtesten Nachtclubs Istanbuls, als mindestens ein Angreifer das Feuer eröffnet. Es gibt Dutzende Tote und Verletzte. Die Attacke löst weltweit tiefe Betroffenheit aus.

Der Anschlag auf einen Istanbuler Nachtclub mit Dutzenden Toten und Verletzten hat Entsetzen ausgelöst. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich tief erschüttert. Die Türkei sei entschlossen, den "Kampf gegen den Terror" fortzusetzen und alles Notwendige für die Sicherheit der Bürger zu tun. Ziel von Anschlägen sei es, "Chaos" zu stiften, doch die Türkei werde diese "schmutzigen Spiele" nicht zulassen. Vielmehr werde man "bis zum Ende" gegen die Angriffe der "Terrororganisationen und der Kräfte dahinter" kämpfen.

Justizminister Bekir Bozdag twitterte: "Das ist ein hinterhältiger und verräterischer Terroranschlag gegen unsere Türkei, unseren Frieden, unsere Einheit, unsere Brüderlichkeit und gegen uns alle." Der Kampf gegen den Terror werde "entschlossen" weitergeführt.

Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf der AKP-Regierung allerdings Versagen vor. Sie sei nicht in der Lage, Terroranschläge zu verhindern, erklärte Kilicdaroglu auf der Website der Mitte-Links-Partei CHP. Vielmehr schöpften die "Terrororganisationen" nach jedem Anschlag geradezu neuen Mut für den nächsten. "Der Grund für diese Situation ist, dass es der Regierung an einer rationalen, wissenschaftlichen, nachhaltigen und nationalen Anti-Terror-Politik fehlt", erklärte Kilicdaroglu.

Merkel verurteilt Attentat

Der Nachtclub "Reina"

Der schicke Nachtclub "Reina" ist eine Institution des Nachtlebens von Istanbul. Der Club liegt direkt am Wasser unterhalb einer der drei großen Brücken über die Meerenge Bosporus. Seit seiner Eröffnung 2002 ist er beim türkischen Jetset, Prominenten sowie ausländischen Touristen sehr angesagt. Sowohl Fußballspieler als auch türkische Fernsehstars verkehren im "Reina", in das nur ein ausgewähltes, zahlungskräftiges Publikum gelassen wird.

Der Angriff auf friedlich feiernde Menschen in der Neujahrsnacht sei perfide und auf das Schärfste zu verurteilen, erklärte Bundespräsident Joachim Gauck. Auch die Bundesregierung verurteilte den Angriff. Kanzlerin Angela Merkel sprach Erdogan ihr Beileid aus. Sie erklärte: "Wieder haben Terroristen in Ihrem Land zugeschlagen. In Istanbul haben sie einen menschenverachtenden, hinterhältigen Anschlag auf Menschen verübt, die gemeinsam den Jahreswechsel feiern wollten." Ihre Gedanken seien "bei den Opfern, Ihren Familien und Freunden".

"Wir sind tief bestürzt und trauern mit den Menschen in #Istanbul", twitterte das Auswärtige Amt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: "Wir stehen in diesen schweren Stunden an der Seite der Türkei." Er sprach von einem "feigen Anschlag" auf Menschen, "die einfach nur wie Millionen andere überall auf der Welt zum Jahreswechsel eine gute und unbeschwerte Zeit miteinander verbringen wollten".

Die US-Regierung sprach von einer Gräueltat ausgerechnet an Silvester, was die Brutalität der Angreifer nur noch unterstreiche. "Wir bekräftigen die Unterstützung der USA für die Türkei, unserem Nato-Verbündeten, in unserer gemeinsamen Entschlossenheit, alle Arten von Terrorismus zu bekämpfen und zu besiegen", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ned Price. Präsident Barack Obama bot den türkischen Behörden Hilfe an, wie das Weiße Haus mitteilte.

Putin sichert Türkei Unterstützung zu

Auch der russische Präsident Wladimir Putin der Türkei seine Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zugesichert. "Es ist unsere Pflicht, entschlossen Widerstand gegen die terroristische Aggression zu leisten", schrieb der Kremlchef in einem Telegramm an Erdogan. "Es ist schwer, sich ein zynischeres Verbrechen vorzustellen als den Mord an Zivilisten auf dem Höhepunkt des Neujahrsfestes", schrieb Putin einer Mitteilung des Kremls zufolge.

Die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini schrieb: "2017 startet mit einem Angriff in Istanbul. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir arbeiten weiter daran, solche Tragödien zu verhindern." Ähnlich äußerte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Seine Gedanken seien bei denjenigen, die durch die Attacke betroffen seien und dem türkischen Volk, twitterte er.

Berichte über zwei Angreifer

Ein oder mehrere Täter hatten in der Silvesternacht im Club "Reina" auf Partygäste geschossen. Nach offiziellen wurden mindestens 39 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Unter den Toten sind mindestens 16 Ausländer. "Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nicht sagen, ob auch Deutsche betroffen sind", hieß es am Neujahrsmorgen aus dem Auswärtigen Amt. Das Ministerium bemühe sich mit Hochdruck um Aufklärung und stehe dazu in engem Kontakt mit den türkischen Behörden.

Das Schicksal des oder der Täter ist unklar. Innenminister Süleyman Soylu sagte, es werde weiter nach einem Terroristen gefahndet. Die Ermittlungen der Sicherheitskräfte deuteten darauf hin, dass es sich nur um einen Schützen gehandelt habe, so Soylu.

Die Nachrichtenagentur DHA hatte dagegen gemeldet, zwei als Weihnachtsmänner verkleidete Terroristen seien in den Nachtclub "Reina" eingedrungen und hätten das Feuer mit automatischen Waffen eröffnet. Auch eine Augenzeugin hatte von zwei Angreifern gesprochen.

Das "Reina" zählt zu den Topclubs von Istanbul - so sieht es hier normalerweise bei Tag aus.

Das "Reina" zählt zu den Topclubs von Istanbul - so sieht es hier normalerweise bei Tag aus.

(Foto: AP)

Nach Angaben des Istanbuler Gouverneurs Vasip Sahin zufolge erschoss mindestens ein Angreifer in einem Weihnachtsmannkostüm einen Polizisten und einen Zivilisten vor dem Eingang des Clubs, bevor er im Inneren wahllos um sich schoss. Er habe "auf die brutalste und gnadenloseste Weise auf unschuldige Menschen gezielt, die nur hergekommen waren, um Silvester zu feiern und Spaß zu haben", sagte Sahin.

Auswärtiges Amt: Im Hotel bleiben

Aus Angst vor möglichen Anschlägen waren in der Silvesternacht Medienberichten zufolge 17.000 Polizisten in Istanbul im Einsatz. An der zentralen Ausgehmeile Istiklal Caddesi kontrollierten Sicherheitskräfte die Zugänge und durchsuchten Taschen. Die deutsche Botschaft hatte in einer Mitteilung an Deutsche angesichts der Terrorgefahr mitgeteilt: "Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen und Festlichkeiten an Silvester und Neujahr sollte verantwortungsvoll geprüft werden."

Auch die US-Botschaft und andere ausländische Vertretungen hatten vor Silvester zu besonderer Wachsamkeit während der Neujahrsfeiern aufgerufen. Das Auswärtige Amt in Berlin empfahl Reisenden in Istanbul nach dem Anschlag, vorerst in ihren Hotels und Unterkünften zu bleiben und die weitere Entwicklung in den Medien und den eigenen Sicherheitshinweisen zu verfolgen.

Quelle: ntv.de, hul/dpa

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