20 Verletzte und 60 Festnahmen Antisemitischer Mob stürmt Flughafen in Russland
29.10.2023, 22:54 Uhr Artikel anhören
Weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet ist, nimmt ein antisemitischer Mob im russischen Dagestan den Flughafen ein. Dieser wird daraufhin geräumt und von den Behörden geschlossen. Israel reagiert auf den Vorfall mit Besorgnis und richtet sich an Moskau.
Nach antijüdischen Vorfällen hat Israel die russischen Behörden zum Schutz seiner Staatsbürger aufgefordert. Zuvor hatte ein antisemitischer Mob den Flughafen Machatschkala in der Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus gestürmt, weil dort eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war.
Es werde erwartet, "dass die russischen Strafverfolgungsbehörden die Sicherheit aller israelischen Bürger und Juden gewährleisten und entschlossen gegen Randalierer und wilde Aufwiegelung gegen Juden und Israelis vorgehen", teilten das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie das israelische Außenministerium gemeinsam mit.
"Israel nimmt Versuche, israelischen Bürgern und Juden irgendwo zu schaden, sehr ernst" und beobachte die Ereignisse in Dagestan, hieß es in der Mitteilung. Der israelische Botschafter in Russland, Alex Ben Zvi, arbeite mit den russischen Behörden zusammen, "um das Wohlergehen von Juden und Israelis vor Ort zu gewährleisten".
Menschen laufen auf Rollfeld
Im muslimisch geprägten Dagestan hatten Dutzende Menschen den Flughafen in Machatschkala gestürmt, nach Angaben des russischen Innenministeriums wurden 60 Menschen festgenommen. Medienberichten zufolge wurden antisemitische Parolen gerufen und palästinensische Flaggen geschwenkt. Auf Videos in sozialen Netzwerken waren Rufe wie "Allahu Akbar" (Allah ist größer) zu hören. Zahlreiche Menschen liefen auch auf das Flugfeld.
Bei dem Sturm sind nach offiziellen Angaben mindestens 20 Menschen verletzt worden, darunter Einsatzkräfte der Polizei und Zivilisten. Zehn Menschen seien im Krankenhaus behandelt worden, zwei von ihnen befänden sich in kritischem Zustand, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf das örtliche Gesundheitsministerium. Die Passagiere des Flugzeugs seien "an einem sicheren Ort", sagten Sicherheitskräfte.
Der Flugplatz wurde vorübergehend geschlossen, ankommende Flugzeuge wurden auf andere Flughäfen umgeleitet, wie die staatliche Flugaufsicht Rosawiazija der Agentur TASS zufolge mitteilte. Später gab Rosawiazija an, Sicherheitskräfte hätten das Gelände geräumt. Der Flughafen bleibe aber bis zum 6. November geschlossen.
Mehrere israelische Medien berichteten unter Berufung auf israelische Sicherheitsbeamte, dass die israelischen Passagiere nach dem Vorfall in Dagestan am Flughafen isoliert und bewacht wurden. Demnach sei geplant, sie direkt weiter nach Moskau zu fliegen. Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger aus Tel Aviv landen im Nordkaukasus, auf den Flughäfen Machatschkala, Mineralnyje Wody und Sotschi. Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern halten die russischen Muslime zu ihren palästinensischen Glaubensbrüdern.
Die USA verurteilten die "antisemitischen Proteste" am Hauptstadtflughafen in Dagestan "energisch". "Die USA stehen unmissverständlich an der Seite der gesamten jüdischen Gemeinschaft angesichts des weltweiten Anstiegs des Antisemitismus", erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, auf X.
Weitere Vorfälle in der Region
Am Samstag umringte auch eine Menge aufgebrachter Menschen ein Hotel in der Stadt Chassawjurt in Dagestan, weil es das Gerücht gab, dort seien Flüchtlinge aus Israel untergebracht. Die staatliche Agentur Ria bestätigte diesen Vorfall. Nach örtlichen Berichten drangen mehrere Dutzend Männer in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Hotelgäste zu kontrollieren. Die Polizei riegelte das Hotel ab.
In Naltschik wurden zudem Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum im Bau angezündet, wie die Nachrichtenagentur Ria meldete. Das Gebäude wurde nach Angaben der Sicherheitsbehörden der Teilrepublik Kabardino-Balkarie mit extremistischen Losungen beschmiert. Fotos zufolge stand dort "Tod den Juden". In der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien riefen Demonstranten dazu auf, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.
Der Republikchef von Dagestan, Sergej Melikow, rief die Bevölkerung auf, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen, die die Lage destabilisieren wollten. "Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen", schrieb er auf Telegram.
Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: "Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus." Wegen der Gewalt im Nahen Osten hatte sich Präsident Wladimir Putin vergangene Woche mit den Oberhäuptern der in Russland vertretenen Religionen getroffen. Dabei beschwor er ein friedliches Zusammenleben der Völker und Religionen in dem großen Land.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa/rts