Weitere Vertreibung verhindern Armenien wirft Aserbaidschan "ethnische Säuberung" vor
12.10.2023, 14:47 Uhr Artikel anhören
Der armenische Vertreter, Jegische Kirakosjan, wirft Aserbaidschan vor dem Internationalen Gerichtshof "ethnische Säuberungen" vor.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Aserbaidschan schafft in der Region Berg-Karabach militärisch schnell klare Verhältnisse. Dabei soll es aber nicht geblieben sein, wirft Armenien dem Land vor. Vor dem Internationalen Gerichtshof ist von "ethnischen Säuberungen" die Rede. Das Militär müsse sich zurückziehen und Vertreibung verhindert werden.
Armenien hat Aserbaidschan vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag "ethnische Säuberung" in der Kaukasusregion Berg-Karabach vorgeworfen. "Vor weniger als neun Monaten stand ich auf diesem Podium und warnte, dass Aserbaidschan einen Plan zur ethnischen Säuberung Berg-Karabachs von allen Armeniern auf den Weg bringt", sagte der armenische Vertreter Jegische Kirakosjan in Den Haag. "Frau Präsidentin, es schmerzt mich sehr, sagen zu müssen, dass dies nun Wirklichkeit geworden ist."
Die Anhörung folgte auf eine aserbaidschanische Militäroffensive, in der Baku in kürzester Zeit die Kontrolle über das überwiegend von ethnischen Armeniern bewohnte Berg-Karabach übernahm. Vor Gericht ging es nun um einen Antrag Armeniens an den IGH, Aserbaidschan anzuweisen, "das gesamte Militär- und Strafverfolgungspersonal aus allen zivilen Einrichtungen in Berg-Karabach" abzuziehen. Eriwan forderte die Richter überdies auf, sicherzustellen, dass Baku keine "Maßnahmen ergreift, (...) die zur Vertreibung der verbliebenen ethnischen Armenier führen oder die sichere und rasche Rückkehr" der Flüchtlinge verhindern.
Selbsternannte Republik wird aufgelöst
Baku hatte am 19. September eine Militäroffensive in Berg-Karabach gestartet. Bereits einen Tag später kapitulierten die dortigen pro-armenischen Kämpfer, später wurde die Auflösung der selbsternannten Republik Berg-Karabach zum 1. Januar 2024 verkündet. Der aserbaidschanische Armeeeinsatz löste eine massenhafte Fluchtbewegung aus - eine große Mehrheit der geschätzten 120.000 Bewohner Berg-Karabachs floh nach Armenien.
"Noch ist Zeit, um zu verhindern, dass die Vertreibung von ethnischen Armeniern unumkehrbar wird, und um die sehr wenigen in Berg-Karabach verbliebenen ethnischen Armenier zu schützen", sagte Kirakosjan weiter.
Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stritten die ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach. Diese gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier.
Der Internationale Gerichtshof ist das zentrale Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen und entscheidet über Streitigkeiten zwischen Ländern. Seine Urteile sind bindend. Allerdings stehen dem IGH keine wirklichen Instrumente zur Verfügung, um eine Einhaltung seiner Urteile durchzusetzen.
Quelle: ntv.de, als/AFP