Polittheater in Rumänien Basescu will Gegner belangen
30.07.2012, 16:22 Uhr
Basescu will seine Gegner zur Verantwortung ziehen.
(Foto: REUTERS)
Rumänien kommt aus den negativen Schlagzeilen kaum mehr heraus: Ein ehemaliger Ministerpräsident verübt angeblich Suizid, der amtierende plagiierte und dann gibt es noch ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten. Dieses gewinnt Basescu zwar, doch die Probleme des Landes bleiben bestehen und das nächste Schlachtfeld wartet schon.
Nach der hat Regierungschef Victor Ponta versichert, er wolle keine Konfrontation mit dem Staatschef mehr suchen. "Jeder wird verlieren, wenn wir unseren Kampf fortsetzen", sagte er. "Ich werde nicht die Konfrontation mit Traian Basescu suchen." Nach den Möglichkeiten einer Aussöhnung befragt sagte er: "Es braucht zwei Menschen, um Tango zu tanzen."

Pontas Politik stößt in der EU auf erhebliche Kritik.
(Foto: dpa)
Er habe seine "Lektionen" aus den vergangenen Wochen gelernt, sagte Ponta weiter. Er nahm damit Bezug auf Kritik vor allem aus Brüssel im Vorfeld des Referendums.
Zuvor hatte er das gescheiterte Referendum mit den Worten kommentiert, Basescu könne zwar im Präsidentenpalast bleiben, er habe aber "keinerlei Legitimität mehr". Aufgabe seiner Mitte-Links-Koalition sei es nun, "die Rumänen, die für die Absetzung gestimmt haben, zu verteidigen". Er wolle "den Schaden begrenzen, den Basescu und seine Profiteure den Rumänen zugefügt haben", sagte Ponta.
Basescu kündigt
Basescu wiederum kündigte Konsequenzen nach dem gescheiterten Amtsenthebungsverfahren an. Diejenigen, die "verfassungswidrige" Rechtsakte beschlossen hätten, um den "Staatsstreich" gegen ihn einzuleiten, sollen "von den staatlichen Institutionen zur Verantwortung gezogen werden", sagte Basescu. Konkrete juristische Schritte nannte er nicht.
Außenminister Guido Westerwelle appellierte an die politischen Kräfte im Land, die Lage nun als "Chance für einen politischen Neuanfang zu begreifen". Beide Seiten sollten zu einem "konstruktiven Miteinander" zurückfinden. Die Grünen-Politiker Rebecca Harms und Daniel Cohn-Bendit forderten nun ein Ende des "Polittheaters" und ein Angehen der "wahren Probleme des Landes".
Ponta war auf gezwungen worden, eine Anfang Juli beschlossene Einschränkung der Rechte des Verfassungsgerichts zurückzunehmen. Bis zum Jahresende wurde Rumänien zudem unter verschärfte Beobachtung der EU gestellt.
Referendum scheitert an Mindestbeteiligung

Beim Referendum wollte Ponta die Mindestbeteiligung außer Kraft setzen.
(Foto: dpa)
Die Regierungsmehrheit hatte Anfang Juli in einem umstrittenen Eilverfahren die Präsidenten beider Parlamentskammern ausgetauscht und damit den Weg für die Suspendierung Basescus geebnet. Danach versuchte die Regierung, die Regel zur Mindestbeteiligung bei der Volksabstimmung per Dekret außer Kraft zu setzen. Dem widersprach jedoch das Verfassungsgericht.
An der Mindestbeteiligung von 50 Prozent war am Sonntag das Referendum zur Amtsenthebung Basescus gescheitert. Wie die Wahlbehörde nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen mitteilte, lag die Beteiligung bei 46,13 Prozent. Insgesamt 87,55 Prozent der Wähler stimmten indes für eine Absetzung Basescus. Mindestens die Hälfte der 18,3 Millionen Wähler hätte aber abstimmen müssen.
Land gelähmt
Beobachter erwarten nun einen verschärften Machtkampf in Rumänien, der das EU-Land mindestens bis zu den Parlamentswahlen Ende des Jahres blockieren dürfte. Für eine Versöhnung der beiden Lager gibt es keine Anzeichen. Dabei hat das durch die Wirtschaftskrise verarmte frühere Ostblock-Land viele Probleme zu lösen: Investoren kommen eher zögerlich, Rentnern und Beamten geht es schlecht, der Ausbau der Infrastruktur liegt darnieder.
Die von Brüssel angemahnte Justizreform dürfte zum nächsten Schlachtfeld werden, weil Sozialist Ponta bisher keinen großen Respekt vor rechtsstaatlichen Institutionen gezeigt hat - auch nach Ansicht der EU-Kommission. Die Unabhängigkeit der Staatsanwälte und Richter muss weiter konsolidiert werden. Gefährdet würde durch ein Ausbleiben dieser Reform der schon mehrfach verschobene Beitritt des Landes zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone.
Basescu als "lame duck"
Problematisch ist, zudem, dass weder Basescu noch Ponta über den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung verfügen. Der im Volk wegen Sparmaßnahmen unpopuläre Basescu gilt schon lange nicht mehr als Zugpferd seiner bürgerlichen Partei PDL. Ohnehin ist Basescu formell bereits eine "lame duck", also eine Führungspersönlichkeit auf Abruf. Nach Ende seiner 2014 ablaufenden Amtszeit darf er nicht mehr für das Präsidentenamt kandidieren. In der PDL-Führung hatten bisher umstrittene Geschäftsleute dominiert. Der Bürgerrechtler-Flügel kam zu kurz und versucht nun, zusammen mit kleineren Mitte-Rechts-Bewegungen eine neue Partei aufzubauen.
Auch Pontas Position innerhalb seiner Sozialdemokraten (PSD) scheint nicht sehr stark zu sein. Die liberale Tageszeitung "Romania Libera" berichtete jüngst über eine Gruppe in der PSD, die Ponta entmachten wolle. Diese Gruppe sei ohnehin aus taktischen Gründen nicht mit dem vom Ponta angestoßenen Verfahren gegen Basescu einverstanden gewesen. Dass die Mobilisierung der Anhänger beim Referendum nicht geklappt hat, dürfte Ponta parteiintern weitere Punkte kosten.
Nicht hilfreich für Ponta sind zudem die weiter im Raum stehenden . Zwei unabhängige Akademiker-Kommissionen haben festgestellt, dass der Regierungschef weite Teile seiner juristischen Doktorarbeit abgeschrieben hat. Nur eine Ethik-Kommission des Unterrichtsministeriums, die Ponta selbst personell neu besetzt hat, kam zu dem Schluss, dass die Dissertation des Premiers kein Plagiat sei.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP/rts