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5505 Männer und Frauen Bayern zählt immer mehr "Reichsbürger"

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Eine Abordnung von sogenannten "Reichsbürgern" aus dem selbsternannten "Königreich Bayern" am 19. August 2023 auf dem Domplatz in Magdeburg.

Eine Abordnung von sogenannten "Reichsbürgern" aus dem selbsternannten "Königreich Bayern" am 19. August 2023 auf dem Domplatz in Magdeburg.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mehr als 1000 beschlagnahmte Waffen und Hunderte Rechtsverfahren: Die Szene der "Reichsbürger" erhält im Süden Deutschlands immer mehr Zulauf. Bis zu 470 Männer und Frauen zählt Bayern zum "harten Kern" der Szene. Mit Sorge beobachten Behörden das wachsende Waffeninteresse der Gruppierung.

In Bayern wächst die Szene der sogenannten "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 2023 seien von den bayerischen Sicherheitsbehörden 5505 Menschen als "Reichsbürger" identifiziert worden, teilte Landesinnenminister Joachim Herrmann in München mit. Das seien 145 mehr als Ende 2022.

Nach Angaben Herrmanns besteht der "harte Kern" der Szene in Bayern aus bis zu 470 Männern und Frauen, 450 werden als gewaltorientiert eingestuft. Mit Sorge sehen die Behörden demnach insbesondere auch das Interesse der "Reichsbürger" an Waffen. Sie gingen "konsequent vor und prüfen systematisch waffenrechtliche Erlaubnisse und entziehen diese, wo immer möglich", fügte der Minister hinzu.

Laut Herrmann wurden bis Ende vergangenen Jahres in seinem Bundesland schon waffenrechtliche Widerrufsverfahren gegen 443 Menschen eingeleitet und 525 waffenrechtliche Erlaubnisse widerrufen oder von Betroffenen freiwillig abgegeben. Mehr als 1000 Waffen wurden beschlagnahmt oder abgeliefert.

Hetze gegen Flüchtlinge und queere Menschen

Auch in anderen Bundesländern stieg die Zahl sogenannter "Reichsbürger" zuletzt an. So hatten etwa Berlin, Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz unter Verweis auf Erkenntnisse ihrer Verfassungsschutzbehörden ebenfalls von einem Wachstum der Szene im Jahresvergleich berichtet. Diese besteht aus diversen Gruppierungen und mehr oder weniger unorganisierten Einzelvertretern. Sie lehnen die Bundesrepublik und das demokratische Regierungssystem ab.

Herrmann stellte in München einen Halbjahresbericht zur Arbeit des Landesverfassungsschutzes vor. Demnach konzentrieren sich die Rechtsextremen aktuell insbesondere auf die Verbreitung von Hass gegen Flüchtlinge und queere Menschen. Sie versuchten mit hetzerischer Propaganda etwa, "in der Bevölkerung pauschale Angst und Ablehnung vor Asylbewerbern als angeblich unkalkulierbares Sicherheitsrisiko zu schüren", führte Herrmann weiter aus.

Im Bereich des Rechtsextremismus wurden demnach in diesem Jahr in Bayern bereits 236 Straftaten erfasst. 18 davon waren Gewaltdelikte. Das waren annähernd so viele Gewaltdelikte wie im gesamten vergangenen Jahr, als 23 gezählt worden waren.

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.
Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)

Quelle: ntv.de, lno/AFP

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