In die Ukraine abgeschobenBelarus lässt 123 bekannte politische Gefangene frei

Nach fünf Jahren hinter Gittern sind die bekanntesten Gesichter der belarussischen Demokratiebewegung wieder frei: Aktivistin Kolesnikowa, Friedensnobelpreisträger Bjaljazki, Ex-Präsidentschaftkandidat Babariko und Dutzende weitere Gefangene werden freigelassen. Als Gegenleistung heben die USA weitere Sanktionen gegen das Lukaschenko-Regime auf.
In Belarus hat Machthaber Alexander Lukaschenko nach offiziellen Angaben 123 politische Gefangene freigelassen. Opposition und Menschenrechtler teilten mit, dass unter ihnen auch prominente Oppositionelle wie Maria Kolesnikowa und der Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki seien. Auch der Ex-Präsidentenkandidat Wiktor Babariko sei wieder in Freiheit.
Fast alle Freigelassenen wurden offenbar in die Ukraine abgeschoben. Das berichtete die Menschenrechtsorganisation "Wjasna". Auf Telegram veröffentlichte sie Fotos und Videos, auf denen unter anderem die Oppositionspolitiker Maria Kolesnikowa und Wiktor Babriko zu sehen sind. Bjaljazki, der Gründer von "Wjasna", der ebenfalls freikam, befinde sich aktuell in der US-Botschaft in der litauischen Hauptstadt Vilnius, hieß es von der Organisation.
Die Freilassung sei im "Rahmen der mit US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen Bitte hin" erfolgt, teilte Lukaschenkos Pressedienst in Minsk mit. Es gab zunächst keine offizielle Liste der Freigelassenen. Schon zuletzt hatte Lukaschenko Gefangene auf Drängen der USA freigelassen.
Grund des Schritts sei auch die Aufhebung der Sanktionen gegen die Kalium-Industrie der Republik Belarus, teilte die Führung in Minsk weiter mit. Lukaschenko habe Bürger verschiedener Länder begnadigt, "die nach den Gesetzen der Republik Belarus wegen verschiedener Straftaten - Spionage, terroristische und extremistische Aktivitäten – verurteilt wurden", hieß es. Die Verurteilten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie galten als politische Gefangene.
Es handele sich um eine Geste auf "Bitten anderer Staatschefs und aus humanitären Gründen sowie aufgrund allgemeiner menschlicher und familiärer Werte", teilte Lukaschenkos Pressedienst mit. Ziel sei es, die positive Dynamik der Beziehungen zu den Partnerländern von Belarus zu beschleunigen und die Lage in der gesamten europäischen Region zu stabilisieren.
Kolesnikowa nicht mehr in Belarus
Kolesnikowa sei schon nicht mehr in Belarus, teilten Oppositionsvertreter in Vilnius mit. Lukaschenko erkaufte sich mit der Freilassung der Gefangenen unter US-Vermittlung auch die Aufhebung von westlichen Sanktionen gegen das Land. Er hatte zuletzt Dutzende Gefangene freigelassen und sich offen gezeigt, auch Kolesnikowa gehen zu lassen. Allerdings müsse sie dafür ein Gnadengesuch an den als letzten Diktator Europas verschrienen Politiker schreiben, sagte er.
Kolesnikowa gehörte zu den Anführerinnen der Massenproteste nach der von beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020. Machthaber Lukaschenko ließ die Proteste niederschlagen. Kolesnikowa wurde im September 2020 von maskierten Männern verschleppt; beim Abschiebeversuch in die Ukraine verweigerte sie die Ausreise und zerriss ihren Pass. Ein Jahr später wurde sie wegen Verschwörung zum Umsturz zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. In dem Land sind immer noch Hunderte Kritiker Lukaschenkos in Haft.