Erleichterung in NRW Belgien schaltet "Riss-Reaktor" bei Antwerpen ab
23.09.2022, 23:25 Uhr
Belgien hatte den Atomausstieg bis 2025 geplant. Jetzt könnte es noch zehn Jahre länger dauern, bis der letzte Meiler vom Netz geht.
(Foto: REUTERS)
Belgien geht einen ersten Schritt in Richtung Atomausstieg: Nach rund 40 Jahren Laufzeit geht am Abend einer der umstrittensten Reaktoren des Landes vom Netz. Angesichts von Ukraine-Krieg und Energiekrise wird aber auch in Belgien über die Versorgungssicherheit gestritten.
Belgien hat einen umstrittenen Atomreaktor bei Antwerpen dauerhaft vom Netz genommen. Der Meiler Doel 3 liefere seit Freitagabend keinen Strom mehr, sagte eine Sprecherin des Betreibers Engie. Deutsche Atomkraftgegner und Politiker bis hin zur Bundesregierung hatten jahrelang für das Aus gestritten. Doel 3 wurde vor rund 40 Jahren in Betrieb genommen. Er ist der erste der insgesamt sieben belgischen Reaktoren, der abgeschaltet wird.
In den kommenden Stunden und Tagen werde nun die Temperatur des Reaktors reduziert, erklärte die Sprecherin. In dem Block Doel 3 bei Antwerpen und in einem weiteren Meiler bei Lüttich hatten Experten bereits 2012 tausende Haarrisse in den Reaktordruckbehältern gefunden. Dennoch ließ Belgien die beiden Reaktoren weiterlaufen, ohne die Nachbarländer anzuhören und die Umweltverträglichkeit zu prüfen - widerrechtlich, wie unter anderem der Europäische Gerichtshof urteilte.
Der zweite Pannenreaktor Tihange 2 rund 50 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze bei Aachen soll bis zum 1. Februar abgeschaltet werden. "Wenn die beiden Meiler vom Netz gehen, wird das NRW sicherer machen", erklärte Landesumweltminister Oliver Krischer. Der Grünen-Politiker hatte sich seit Jahren für die Abschaltung der sogenannten "Riss-Reaktoren" eingesetzt.
Wegen der Energiekrise ist der ursprünglich bis 2025 anvisierte Atomausstieg in Belgien umstritten. Die Kernkraftwerke sicherten dort zuletzt rund die Hälfte des Strombedarfs. Die Brüsseler Regierung hatte sich schon im Frühjahr geeinigt, die beiden jüngsten Reaktoren noch bis 2035 laufen, wenn ansonsten die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet ist. "Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass nicht nur fünf, sondern alle sieben Meiler in Belgien bis 2025 vom Netz gehen", sagte Krischer der "Aachener Zeitung". "Aber ich muss akzeptieren, dass die Belgier angesichts der Energiekrise und des Ukraine-Krieges den Weiterbetrieb der beiden jüngsten Meiler beschlossen haben."
Quelle: ntv.de, ino/AFP