Diverse Probleme befürchtet Berlins Wahlleiter rät von Neuwahl im Januar ab
11.11.2024, 03:52 Uhr Artikel anhören
Bröchler hat in Berlin bereits zwei Wiederholungswahlen organisiert.
(Foto: picture alliance/dpa)
Was passieren kann, wenn Wahlen nicht gut vorbereitet sind, haben die Berlinerinnen und Berliner bereits erlebt: Knapp eineinhalb Jahre nach der vermurksten Abgeordnetenhauswahl wurden sie erneut an die Urne gebeten. Der Wahlleiter der Hauptstadt weiß also, wovon er spricht, wenn er vor einem zu frühen Neuwahltermin warnt.
Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler warnt eindringlich vor einem zu frühen Termin für die Neuwahl des Bundestages. "Ich kann nur raten, besonnen an das Thema heranzugehen, auf Fachleute zu hören und jetzt nicht in einen Sofortismus bei der Feststellung des Wahltermins zu verfallen", sagte Bröchler. "Es geht um die Sicherstellung der Qualität demokratischer Wahlen in Deutschland. Das ist ein hohes Gut, und ich möchte nicht, dass die Wahl am Ende wiederholt werden muss."
Natürlich müsse eine Neuwahl auch für Januar organisiert werden, wenn das politisch gewollt und vom Bundespräsidenten so entschieden werde. "Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das die Qualität demokratischer Wahlen gefährdet", so Bröchler, der nach schweren Wahlpannen in Berlin 2021 ins Amt kam und seither unter anderem zwei Wiederholungswahlen organisiert hat. "Wenn wir die hohen Qualitätsstandards, die wir in Bund und Ländern haben, halten wollen, dann rate ich von einem Wahltermin im Januar ab."
Wahlleiter beraten heute
Die Wahlleitungen von Bund und Ländern wollen heute Mittag über die Vorbereitung der vorgezogenen Wahl des Bundestages beraten. Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte jüngst in einem Brief an Kanzler Olaf Scholz vor "unabwägbaren Risiken" durch kürzere Fristen gewarnt und auf logistische Herausforderungen verwiesen.
Bröchler erläuterte, die Organisation von Wahlen sei in der föderal aufgebauten Bundesrepublik aufwendiger als in Zentralstaaten wie Frankreich. Da müsse viel zwischen Bund und Ländern abgestimmt und besprochen werden. Ein zu früher Wahltermin womöglich mit Wahlkampf über Weihnachten sorgt nach seiner Einschätzung für viele Probleme, etwa bei der Suche nach Räumen für Wahllokale, bei der Anwerbung und Schulung von Wahlhelfern, bei Papierbeschaffung, Druck und Versand von Wahlunterlagen, auch für die Briefwahl.
Scholz hatte nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November angekündigt, am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Daraus ergibt sich unter Wahrung verschiedener Fristen ein möglicher Wahltermin im März 2025. Die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz und andere Parteien drängen indes auf eine zügigere Vertrauensfrage. Scholz hat sich inzwischen auch zu einem früheren Termin bereit erklärt, unter der Bedingung, dass die Wahl ordnungsgemäß abgehalten werden kann.
Quelle: ntv.de, ino/dpa