"Überhaupt kein Problem" Scholz: Vertrauensfrage wäre schon vor Weihnachten möglich
10.11.2024, 22:35 Uhr
Scholz hatte ursprünglich angekündigt, die Vertrauensfrage am 15. Januar zu stellen.
(Foto: dpa)
Bundeskanzler Scholz schließt nicht mehr aus, dass die Vertrauensabstimmung zur Einleitung von Neuwahlen noch in diesem Jahr abgehalten wird. Die Einigung über einen Termin liege aber nicht in seiner Hand, sagt er.
Bundeskanzler Olaf Scholz kann sich vorstellen, noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. "Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem", sagte Scholz in der ARD-Sendung "Caren Miosga". Er klebe nicht an seinem Amt, so der Sozialdemokrat.
Formal müsse zwar er als Kanzler diesen Schritt auslösen, sagte Scholz. Doch wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz gebe, werde er diese beachten. "Ich sage ausdrücklich, darauf, wo sich das Parlament verständigt, die Abgeordneten von Regierung und Opposition, insbesondere die demokratischen Parteien: Davon werde ich ausgehen und das möglich machen", sagte der Kanzler dazu.
Zu beachten seien aber stets die nötigen demokratischen Schritte und technischen Vorbereitungen für eine ordnungsgemäße Neuwahl. "Niemand von uns, Sie nicht, ich nicht, sonst auch niemand, möchte, dass irgendwas passiert, wie in Berlin, dass wir Wahlen wiederholen müssen", sagte Scholz.
Scholz wollte Deal mit der Union
Der Kanzler hatte nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition zunächst angekündigt, die Vertrauensfrage am 15. Januar zu stellen, in der ersten Sitzungswoche des Bundestags. Als möglichen Termin für die vorgezogene Bundestagswahl hatte er Ende März genannt. Die Union will deutlich früher zur Vertrauensabstimmung schreiten. Scholz signalisierte am Freitag bereits Entgegenkommen - allerdings unter der Voraussetzung, dass man sich über wichtige Gesetzesprojekte einig werde, die noch vor der Wahl im Bundestag beschlossen werden sollten.
"Beide Herausforderungen kann man zusammen und gemeinsam angehen", hatte Mützenich bereits der "Süddeutschen Zeitung" gesagt und Beispiele genannt, welche Projekte die SPD noch umzusetzen gedenkt. Dazu zählen die Erhöhung des Kindergelds, die Sicherung des Deutschlandtickets, Entlastungen der Industrie sowie den Schutz des Verfassungsgerichts. Wenn eine solche Agenda vereinbart würde, dürfte es "leicht gelingen, einen sinnvollen Termin für die Wahl zu finden", so Mützenich.
Die Antwort gab CDU-Chef Friedrich Merz, der auch Kanzlerkandidat der Union ist, im "Stern": "Darüber können wir sprechen, sobald Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat. Seine Regierungserklärung am Mittwoch wäre dafür eine gute Gelegenheit."
SPD und Grüne wollen Machbarkeit schnell klären
Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen den Weg zu Neuwahlen in einer öffentlichen Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses bereits am Dienstag debattieren. Ziel müsse sein, dort "mit der Bundeswahlleiterin zu diskutieren, wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann", heißt es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Die Sitzung müsse zum beantragten Zeitpunkt stattfinden, um "die Belange der ordnungsgemäßen Vorbereitung und Durchführung der Wahl in der laufenden öffentlichen Debatte berücksichtigen zu können".
"Auch wir wollen, dass die Bürger bald über eine neue Regierung abstimmen können", sagte der Parlamentsgeschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner. "Eine Bundestagswahl muss aber gut vorbereitet sein, denn Pannen und Chaos wie bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin dürfen wir nicht riskieren." Bedenken und Hinweise aus der Praxis der Wahlorganisation müssten ernste genommen werden.
Die Wahlleitungen von Bund und Ländern wollen am Montag über die Vorbereitung zur vorgezogenen Wahl des Bundestages beraten. Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte in einem Brief an Scholz vor "unabwägbaren Risiken" durch kürzere Fristen gewarnt. Darin wies sie auf logistische Herausforderungen wie die Berufung von Wahlausschüssen, die Werbung und Schulung von Wahlhelfern, die Organisation von Wahllokalen und schließlich mögliche Probleme bei der Papierbeschaffung hin. Zumindest letztere Bedenken hat der Branchenverband der Papierindustrie inzwischen zerstreut. Die Union witterte Befangenheit der Bundeswahlleiterin. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, sagte der "Bild am Sonntag", er könne ihr "nur raten, sich von niemandem instrumentalisieren zu lassen".
Quelle: ntv.de, ino/dpa