Lügen in "Partygate"-Affäre? Boris Johnson legt Parlamentsmandat nieder
09.06.2023, 22:08 Uhr Artikel anhören
"Bye!" Die britischen Parlamentsmitglieder müssen künftig auf die Anwesenheit des Ex-Premiers verzichten.
(Foto: picture alliance / empics)
Ex-Premier Johnson ist laut Berichten kein britischer Parlamentarier mehr - vorerst. Aufgrund der "Partygate"-Ermittlungen gegen ihn, legt er sein Mandat nieder. In seinen Augen wird er zu diesem Schritt gedrängt. Neben schlechter Laune bei Johnson könnte das auch politische Folgen haben.
Der britische Ex-Premierminister Boris Johnson hat nach Ansicht eines Parlamentsausschusses das Unterhaus belogen und tritt deshalb als Abgeordneter zurück. Er lege sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder, teilte Johnson nach übereinstimmenden Berichten britischer Medien am Abend mit. Er betonte zugleich, er habe kein Verständnis für die Vorwürfe des Ausschusses in dem Skandal um illegale Lockdown-Feiern in der Downing Street.
Der Ausschuss zur "Partygate"-Affäre, in dem auch Abgeordnete von Johnsons Konservativer Partei vertreten sind, habe empfohlen, den Ex-Premier für zehn Tage zu suspendieren, hieß es. Johnson prangerte den Ausschuss als "Scheingericht" an. "Es ist sehr traurig, das Parlament zu verlassen - zumindest für den Moment - aber vor allem bin ich fassungslos und entsetzt darüber, dass ich auf antidemokratische Weise aus dem Parlament gedrängt werden kann", erklärte Johnson und warf dem Ausschuss "ungeheuerliche Voreingenommenheit" vor.
Der bisher nicht veröffentlichte Bericht sei voller "Ungenauigkeiten und stinkt nach Vorurteilen", fuhr der Ex-Premier fort. Er beklagte, keine "formale Möglichkeit" zu haben, die Aussagen des Ausschusses anzufechten. Dessen Ziel "war es von Anfang an, mich für schuldig zu befinden, unabhängig von den Fakten", fügte Johnson hinzu. Der Ausschuss erklärte, sich am Montag zu treffen, um seine Untersuchung zu abzuschließen. Der Bericht werde "umgehend" veröffentlicht. Inmitten schlechter Umfragewerte für die konservativen Tories kommt es nun zu einer Nachwahl in Johnsons Wahlkreis im Nordwesten Londons.
Zuvor hatte ein Parlamentsausschuss das Ermittlungsergebnis an Johnson übergeben. Die Mitglieder des Privileges Committee hätten dem 58-Jährigen zwei Wochen Frist für eine Antwort eingeräumt, berichtete die BBC am heutigen Freitag. In dem "Warnschreiben" seien Kritikpunkte und entsprechende Beweise aufgelistet sowie die Strafe, die die Abgeordneten empfehlen wollen.
Der Ausschuss untersucht, ob Johnson das Parlament in dem Skandal um illegale Lockdown-Partys in der Downing Street belogen hat. Während der Corona-Pandemie hatten sich Regierungsbeschäftigte immer wieder entgegen der Vorschriften in der Downing Street und in Behörden zu Feiern mit Alkohol und Musik getroffen. Johnson und der amtierende Premierminister Rishi Sunak mussten wegen ihrer Teilnahme an einer Veranstaltung jeweils eine Geldstrafe zahlen.
Quelle: ntv.de, als/dpa