Verbaler Schlagabtausch Briten und Russen streiten über ukrainische Ziele
29.04.2022, 14:53 Uhr (aktualisiert)
Ein beschädigtes Haus in der russischen Region Belgorod: Moskau wirft der Ukraine Angriffe auf russischem Territorium vor.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Sollte die Ukraine nur die Linien von 2014 verteidigen dürfen oder auch Krim und Donbass zurückfordern? Und sind Angriffe auf russisches Hinterland legitim? Moskau und London streiten genau darüber - und Russland droht dabei unverhohlen auch mit dem Tod britischer Bürger.
Zwischen Großbritannien und Russland verschärft sich der Ton in der Diskussion über legitime Kriegsziele der Ukraine. Die britische Außenministerin Liz Truss formulierte den Willen, russische Truppen vollständig aus der Ukraine vertreiben zu wollen. "Wir werden schneller handeln und weiter gehen, um Russland aus der gesamten Ukraine zu verdrängen", sagte Truss in einer Rede zur Sicherheitspolitik. Damit wären Kommentatoren zufolge nicht nur die seit Ende Februar angegriffenen Regionen gemeint, sondern auch die bereits 2014 von Moskau annektierte Halbinsel Krim und Teile der schon lange umkämpften Donbass-Region.
Truss rief Londons westliche Verbündete dazu auf, ihre Anstrengungen zu verstärken und sprach sich deutlich für die weitere Lieferung schwerer Waffen - darunter auch Flugzeuge - aus. Ein Sieg der Ukraine in diesem Krieg sei nun ein "strategischer Imperativ" für den Westen. "Wir haben Russland gezeigt, was wir bereit sind zu tun, wenn internationale Regeln missachtet werden", sagte die konservative Politikerin. Man müsse sich - etwa mit Blick auf China - auch bereits vor weiteren Aggressionen in der Zukunft schützen.
Dass dabei auch ukrainische Angriffe auf russischem Boden legitim sein können, verdeutlichte Verteidigungsminister Ben Wallace in der BBC: "Wenn die Ukraine sich entschiede, logistische Infrastruktur für die russische Armee ins Visier zu nehmen, wäre das nach internationalem Recht legitim", sagte er. Es sei aber unwahrscheinlich, dass dafür britische Waffen genutzt würden. Natürlich unterstütze Großbritannien die Ukraine, aber die Artillerie werde hauptsächlich bei Kämpfen gegen russische Truppen innerhalb der Ukraine genutzt.
Russland droht Westen unverhohlen
Die Regierung in Moskau hat Großbritannien davor gewarnt, die Ukraine zu Angriffen auf russischem Territorium zu ermutigen. Auslöser waren Äußerungen des Staatssekretärs im britischen Verteidigungsministerium, James Heappey, dass Angriffe der Ukraine auf Nachschublinien innerhalb Russlands legitim seien.
Wenn Großbritannien die Führung in Kiew zu solchen Maßnahmen direkt ermutige und die Maßnahmen umgesetzt würden, werde dies umgehend zu "einer verhältnismäßigen Antwort" führen, erklärte das Moskauer Verteidigungsministerium am Dienstag und drohte mit Vergeltungsschlägen auf Entscheidungszentren in Kiew. Bei solchen Maßnahmen wäre es für Russland nicht unbedingt ein Problem, wenn Vertreter bestimmter westlicher Länder in diesen Entscheidungszentren anwesend wären, so das Ministerium. Russland wirft der Ukraine vor, für Angriffe in der Grenzprovinz Belgorod verantwortlich zu sein.
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 28. April 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts